Über das Ärgern

Ich bin nicht der Typ, der sich über alles mögliche aufregt. Klar, ich kann explodieren wie ein Vulkan, der alles Leben um sich herum vernichtet. Aber das kommt nicht oft vor, weil mir viele Dinge einfach nicht wichtig genug sind. Und wenn sie wichtig genug sind, dass ich mich aufrege, dann sind sie mir selbst zu privat, um sie auf Social Media mit der Welt zu teilen.

In den letzten drei Jahren, die ich nun schreibe und in der Semi-Öffentlichkeit unterwegs bin (übrigens habe ich mein Jubiläum mal wieder verpasst!), ist mir aber aufgefallen, dass viele Leser*innen bei ganz normalen Posts denken, ich würde mich aufregen oder jemand würde mich ärgern. Dann kommen gute Ratschläge, dass ich es mir nicht zu Herzen nehmen sollte und ähnlich liebgemeinte Worte. Nur … Ich hatte mir gar nichts zu Herzen genommen.

Ich glaube, es liegt daran, dass wir es im Alltag so sehr gewöhnt sind, dass alle um uns herum jammern und klagen. Ich glaube sogar, dass es die typisch deutsche Mentalität ist, alles negativer zu sehen, als es ist. Wenn man meine Oma gefragt hat, wie es ihr geht, hat sie nie „gut“ gesagt. Immer so was wie „Ach ja“ oder „Wie soll es mir schon gehen?“ und ähnliches. Dabei ging es ihr so gut, dass sie mit neunzig noch mit dem Fahrrad (!!!) gefahren ist.

Aus der Gastronomie weiß ich, dass viel mehr Menschen sich beschweren, wenn etwas nicht gepasst hat, als Menschen loben, wenn alles gut war, was aber deutlich häufiger der Fall ist. Wir sind alle schnell dabei zu sagen, wenn uns etwas nicht passt, aber wenn alles gut war, sagen wir nichts, weil wir uns denken, so sollte es ja sein. Wir schreiben unglaublich lange Beschwerdemails an unsere Vermieter, an Handwerker, an Firmen, wenn es uns nicht passt, das unsere Lieblingssorte Joghurt aus dem Sortiment genommen wurde, aber wann setzen wir uns schon mal hin, um jemandem zu danken, weil er seinen Job zur vollen Zufriedenheit erledigt hat?

Ich glaube, weil wir alle von viel zu viel Negativität umgeben sind, wir immer denken, dass das Gras auf der anderen Seite grüner ist, wir uns selber dabei erwischen, dass wir jammern, viel eher annehmen, dass andere es auch tun. Und ich behaupte nicht, dass ich nicht jammere. Aber ich würde es niemals auf Facebook oder Twitter oder Instagram oder meinem Blog tun. Einfach, weil ich diese Dinge nicht mit der Welt teile.

Der zweite Grund, warum wir oftmals denken, jemand müsste aufgebaut werden, ist, wenn wir uns in der Situation aufregen würden, und daher von uns selbst auf andere schließen. Ich kenne das auch. Wenn ich wie eine Rakete in die Luft gehe, meine Mutter aber vollkommen cool bleibt, und ich einfach nicht verstehen kann, warum sie sich nicht aufregt. Klar, man geht ja immer von seinen eigenen Gefühlen aus.

Wenn es einem selbst nahegeht, glaubt man, anderen geht es auch nah. Mich zum Beispiel stören aber keine schlechten Rezensionen. Jeder hat das Recht auf seine eigene Meinung und das hat nichts mit mir zu tun. Mich stört es nicht, wenn eine Kollegin ihr Buch immer für 99 Cent anbietet, oder wenn andere über Millionäre schreiben oder wenn andere zehn Pseudonyme haben. Das hat alles nichts mit mir zu tun. Es ist mir schlicht egal.

Und wenn ich Posts schreibe, wie „Leben und leben lassen“ oder „Hört auf, so negativ zu sein“ oder „Wählt bloß nicht rechts“ (okay, schlechtes Beispiel, denn darüber rege ich mich tatsächlich auf), dann ist das nichts, was mich geärgert hat. 99 % der Dinge können mich überhaupt nicht ärgern, weil ich sie mir nicht zu eigen mache. Aber ich finde, man darf auch auf Missstände hinweisen ohne sich über sie aufzuregen. Das ist sogar viel besser, denn zu viele Emotionen behindern oftmals nur, wenn man etwas erklären will. Gerade in den sozialen Netzwerken wäre es wahrscheinlich sogar besser, wenn wir eine Regel einführen würden, erstmal in Ruhe bis zehn zu zählen, bevor wir auf etwas antworten …

So, langer Rede kurzer Sinn: Wenn ich etwas poste, rege ich mich ganz sicher nicht darüber auf, sonst würde ich es nicht post. Und wenn ich doch mal was posten will, über das ich mich tatsächlich aufrege, werde ich hoffentlich in Ruhe bis zehn zählen und dann wissen, dass es sich absolut nicht lohnt, jetzt einen Post dazu zu verfassen.

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7 Kommentare

  1. Hihi, fühle ich mich nach meinem Satz von gestern glatt angesprochen. Auch wenn es bestimmt nicht so gemeint war… 😉

    Aber so ist es nun mal bei uns Menschen: was negatives bleibt uns viel länger im Gedächtnis als was positives. Warum auch immer. Dabei hätten wir doch dann viel mehr zu Lächeln und uns uns zu freuen.

    Das ist übrigens mein großes Vorhaben für dieses Jahr: mehr Komplimente verteilen und die Leute zum lächeln bringen!!!

    LG und einen schönen Tag 😁👍

  2. Bravo! Ich stimme dir voll und ganz zu!

    Wir müssten uns alle öfter mal an die eigene Nase fassen, denn wir jammern wirklich auf hohem Niveau (die Meisten zumindest).

    Und es ist tatsächlich so, dass ich manchmal komisch angeschaut werde, wenn ich mich für irgendetwas bedanke oder für etwas lobende Worte finde!
    Das hält mich aber ganz bestimmt nicht davon ab, das weiter zu tun, denn ich freue mich ja auch, wenn eine meiner „Leistungen“ mit einem netten Wort oder einem „Danke“ honoriert wird!
    Und manchmal kommt man dann auch in ein nettes Gespräch und das ist dann wiederum eines meiner Tageshighlights! 🙂

    Liebe Grüße aus Hessen! :*

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