Bonusszene All the things we keep

Frida

Wir sitzen auf den weichen Sesseln in unseren Sommerkleidern und starren die Tür an.

»Komm schon«, ruft Aisling lachend.

»Ja, ja«, kommt es dumpf aus dem Nebenraum.

Amüsiert schüttele ich den Kopf. Dafür, dass im Raum stand, dass sie durchbrennen wollen, lässt sich Emily echt viel Zeit. Aber dann geht die Tür auf …

Und wir anderen drei springen auf.

»Oh, wow, Emily, du siehst so verdammt wunderschön aus!«, rufe ich aus.

Taylor erklärt: »Ich hab noch nie eine so wunderschöne Braut gesehen.«

»Dein Hintern sieht toll aus.« Das ist natürlich Aisling.

»Wirklich?«, fragt Emily lächelnd. »Also, nicht das mit dem Hintern … Aber dass ich gut aussehe?«

»So wunderschön«, wiederholt Taylor.

Emily dreht sich zum Spiegel um, betrachtet sich. Aisling tritt hinter sie, umarmt sie vorsichtig, um das Kleid nicht zu zerknittern. »Mein bekloppter Bruder hat so viel Glück, dich zu haben.«

Und das ist auch meine Meinung. Riaan hat mir die Geschichte von Emily und Niall erzählt, wie es durch die Intrige von ihrer Freundin beinahe nicht zum perfekten Glück gekommen wäre. Gott sei Dank konnten sie es klären, weil sie perfekt füreinander sind.

»Ich glaub, ich brauch einen Sekt.«

»Champagner, meinst du«, entgegnet Taylor und greift sich die Flasche, die aus genau diesem Grund in einem Eiskühler steht.

Geschickt öffnet sie sie, füllt vier Gläser.

Dann stoßen wir mit ihr an. Mit der schönsten Braut von allen.

»Wird er kommen?«, fragt Emily leise.

Aisling lacht auf. »Ach, Emily. Dieser Kerl ist so verrückt nach dir, er würde heute sogar kommen, wenn er durch Lava warten müsste.« Dann drückt sie ihre Hand. »Er ist auch schon da. Oran hat geschrieben.«

Die Erleichterung auf Emilys Gesicht ist beinahe spürbar, während ich beim Hören des Namens lächeln muss. Mein Oran. »Vielleicht bin ich albern …«

Aisling zuckt mit den Schultern. »Weil du nur diese manipulative Hexe vorher kanntest, denkst du eben, es wäre die perfekte Rache, wenn er dich am Altar sitzen lassen würde.«

»Ais, du wieder«, meint Taylor kopfschüttelnd. »Tough Love, was?«

Sie zuckt mit den Schultern. »Ist doch wahr.«

Emily nickt. »Ist es auch. Leider. Ich weiß, dass Niall mich liebt, absolut. Aber na ja … ich war ja die Böse …«

Aisling hebt die Hand. »Okay, stopp. Diesen Bullshit will ich nicht mehr hören. Schon gar nicht auf deiner Hochzeit.« Sie deutet auf Taylor. »Schenk ihr noch mal nach.« Dann legt sie ihre Hände auf Emilys Schultern. »Du bist viel zu gut für meinen Bruder, klar? Er kann von Glück sagen, dass er dich hat. Und jetzt sei die verdammte Göttin, die du bist!«

Emily lächelt, bevor sie noch einen Schluck trinkt. »Fein, bin ich eben die verdammte Göttin.«

Wir lachen mit ihr. Es ist wirklich nicht der richtige Moment für trübe Gedanken. Das hier … das sollte der beste Tag aller Zeiten sein. Und ich will verdammt sein, wenn er es nicht ist.

Niall

»Wieso zitterst du denn so?«, fragt mich Riaan.

Ich schaue noch einmal in den Spiegel, zupfe an meinen Manschetten herum. »Warte du mal, bis du dran bist.«

»Ford hat es auch überlebt«, scherzt dieser. »Und immerhin hat er Aisling, die Schreckliche, geheiratet. Du hast die liebe Emily.«

Bei dem Namen geht mein Herz auf. Fuck, ich liebe sie.

Aber ich kann nicht verhehlen, dass da auch ein winzigkleiner Zweifel ist. Normalerweise nicht. Ich weiß, dass sie mich über alles liebt. Aber es wäre doch die ultimative Rache derjenigen, die nicht genannt wird, wenn sie Emily dazu bringen würde, mich am Altar stehen zu lassen.

Emily würde ich da nie zutrauen, der anderen … Der würde ich alles zutrauen.

»Sie wird doch kommen?«, frage ich unsicher.

Ich sehe, dass Riaan einen Spruch anbringen will, aber Oran kommt ihm zuvor. Er legt die Hand auf meine Schulter, drückt sie. »Natürlich. Außerdem ist sie schon längst da.«

Gott sei Dank. Aber das spreche ich besser nicht laut aus, sonst machen sie sich über ihren kleinen Bruder lustig.

Ford reicht mir ein Glas mit Whisky, dann meinen Brüdern. Er lächelt mich an, hebt sein Glas. Wir anderen tun es ihm gleich, dann schauen wir alle zu Oran.

Er verdreht die Augen, bevor er sich räuspert: »Auf unser Nesthäkchen, das es geschafft hat, die perfekte Frau zu finden.«

Wir stoßen an, trinken einen Schluck. Wärme fährt durch meinen Körper, nicht nur wegen de Alkohols, ganz besonders auch wegen der Worte. Emily ist die perfekte Frau, und sie ist mein.

Es klopft an der Tür, und Aeryn streckt den Kopf herein. »In fünf Minuten musst du zum Altar.«

»Alles klar. Danke.«

Ich reiche Riaan mein Glas, drehe mich noch mal zum Spiegel um. Eilig streiche ich über meine Schultern, als wollte ich nicht vorhandene Schuppen wegwischen. Aber was auch immer jetzt noch nicht perfekt ist, wird es in den nächsten Minuten auch nicht mehr.

»Bereit?«, fragt Oran.

»Aber so was von.«

Gemeinsam mit meinen Brüdern und Ford – aber der gehört nicht erst seit seiner Heirat mit Aisling auch zu uns – verlasse ich den Raum. Wir treten aus dem Gebäude. Emily hat sich eine Freiluft-Hochzeit gewünscht, was auch gewaltig in die Hose hätte gehen kann. Das Wetter in New Hampshire kann Kapriolen machen. Aber wir haben Glück. Strahlender Sonnenschein empfängt uns, als wir in Richtung Altar laufen. Was übrigens nicht der richtige Begriff ist. Schließlich ist dies keine religiöse Zeremonie. Stattdessen erwartet uns ein Blumenbogen, unter dem wir stehen werden.

Statt durch den Gang zwischen den Stuhlreihen zu gehen, kommen wir von der Seite. Sonst würde mich jeder begrüßen wollen, was auch nett ist. Keine Frage. Aber das würde meiner Aufregung ganz sicher nicht gut tun.

Am liebsten würde ich unsere Gäste nicht einmal ansehen, sondern mit dem Rücken zu ihnen stehen bleiben.

Was, wenn Emily nicht kommt?

Taylor

Als es an der Tür klopft, streckt Lina, die Frau von Aislings Cousine den Kopf herein. »In ein paar Minuten geht es los. Alles bereit?«

Emily strafft die Schultern, bevor sie nickt. »Bereit. Oder so bereit, wie ich sein kann.«

Sie lächelt, ein wenig nervös. Aber das muss sie nicht sein. Klar, ihr Start war holprig, aber jeder, der Augen im Kopf hat, kann sehen, dass Niall ihr voll und ganz verfallen ist. Dieser Mann würde auch in einem Hurrikan auf sie warten, während um ihn herum alle Gäste schon weggeweht würden. Da besteht gar kein Zweifel dran.

Aisling und Frida umarmen Emily, dann bin ich an der Reihe. Ich denke, dass sie mich nur gefragt hat, ihre Brautjungfer zu sein, weil ich mit Riaan zusammen bin, aber es ist mir trotzdem eine Ehre, dass sie mich an diesem wichtigen Tag dabei haben will.

»Du bist so wunderschön, und gleich heiratest du den Mann deiner Träume«, flüstere ich ihr zu.

»Danke.«

»Bloß nicht weinen«, meint Aisling. »Das Make-up darfst du erst später ruinieren.«

»Ach, Ais …«, Frida schüttelt grinsend den Kopf, »du weißt es, wie man jemanden aufheitert.«

Diese lacht auf. »Das weiß ich wirklich.«

Wir verlassen den Raum, treten aus dem Gebäude in den Sonnenschein. Emily hat so Glück mit dem Wetter. Für morgen ist Regen angesagt, aber heute kann den schönen Tag kein Wässerchen trüben. Wunderschön ist es.

Emily hat keine Familie, weswegen sie beschlossen hat, dass sie allein zum Altar schreiten will. Nialls Vater hatte angeboten, dass er das machen könnte – beziehungsweise man muss wohl sagen, dass Aisling das vorgeschlagen hatte –, aber Emily wollte das lieber allein machen. Was ich verstehen kann. Sie sieht so atemberaubend aus, das sollte ganz sicher nicht von jemand anderem verdeckt werden. Sie sollte in ihrem eigenen Glanz stehen.

Immer.

Frida ist die erste, die losgeht. Wir tragen alle pastellfarbene Kleider, die nicht hässlich sind – ich kenne genug Romantische Komödien aus den Neunzigern, das ich weiß, dass das eigentlich ein ungeschriebenes Gesetz ist: Die Brautjungfern in furchtbare Kleider stecken –, dazu jeweils einen kleinen Strauß mit jeweils nur einer Blumensorte. Alle drei Sorten finden sich dann in Emilys Strauß wieder.

Dann bin ich dran.

Langsam schreite ich den Gang entlang, höre das Gemurmel und die leise Musik, aber ich habe nur Augen für einen Mann. Der, der da zwischen seinen Brüdern steht, und mich unverwandt ansieht.

Ich lächele, weil mein Herz schneller schlägt. Wie es so kommen kann. Eigentlich bin ich wegen eines verschollenen Tagebuchs nach Südamerika gereist, nur um mir einen noch größeren Schatz geangelt zu haben …

Als ich fast bei ihnen bin, wirft mir Riaan eine Kusshand zu, was mich zum Grinsen bringt. Gott, wie ich diesen Mann liebe!

Ich trete auf die andere Seite, stelle mich neben Frida, und dann warten wir auf Aisling, die einfach atemberaubend aussieht. Wunder-wunderschön einfach.

Ich kann nicht umhin zu Ford zu blicken, der sie ansieht, als hätte er eine Erscheinung. Und das, obwohl er sie auch nackt kennt.

Also, nehme ich an.

Und dann kommt der Moment, auf den wir alle gewartet haben. Die Musik ertönt. Es ist nicht der klassische Hochzeitsmarsch, sondern einfach nur wunderschön.

Die Gäste stehen auf, drehen sich zum Gang, und Niall wringt seine Hände. Der Mann ist aufgeregt, aber das sollte er auch sein. Schließlich kommt da gerade eine strahlende Braut auf ihn zu …

Ford

Nachdem ich mich von Aislings Anblick erholt habe, schaue ich zu Niall, sobald die Musik erklingt. Ich weiß, alle schauen immer die Braut an, aber aus eigener Erfahrung kann ich nur sagen, dass es sich lohnt, zum Bräutigam zu sehen. Denn der Moment, an dem meine Braut auf mich zugegangen ist, hat mich beinahe in die Knie gezwungen. Sie war so unglaublich atemberaubend, dass ich gespürt habe, wie mir Tränen über die Wangen gelaufen sind.

Deswegen schaue ich zu Niall, und werde nicht enttäuscht. Der Moment, an dem er sie sieht, zeichnet sich klar und deutlich auf seinem Gesicht ab. Seine Augen werden groß, sein Ausdruck ist eine Mischung aus Faszination, vollkommenem Unverständnis und dem Wissen, dass die Erscheinung, die da auf ihn zukommt, nur für ihn ist.

Und dann geht er wirklich kurz in die Knie, legt die Hände vor den Mund vor lauter Unglauben. Oran legt ihm die Hand auf den Rücken, drückt seine Schulter.

Nicht einen Moment lässt Niall seine Emily aus den Augen, als sie den Gang entlangschreitet.

Als ich einen Blick riskiere, verstehe ich wieso. Sie sieht großartig aus.

Niall richtet sich wieder auf, und dann geht er ein paar Schritte auf sie zu. Ich kann nicht hören, was er ihr sagt, aber ich weiß es auch so. Schließlich sind es dieselben Worte, die mir durch den Kopf gingen, als ich Aisling gesehen habe. Du bist das Beste, was mir je im Leben passiert ist.

Er streicht über ihre Wangen, während sie so strahlend lächelt, dass sie der Sonne Konkurrenz macht. Sanft drückt er seine Lippen auf ihre.

»Das kommt doch erst noch«, ruft Riaan, was zu Gelächter bei einigen Gästen führt, während seine Mutter ihm einen strafenden Blick zuwirft.

Niall greift nach Emilys Hand, und gemeinsam treten sie zum Blumenbogen. Emily reicht Aisling ihren Strauß, und ich werfe noch einen Blick auf meine Frau. Was bin ich für ein verdammter Glückspilz?

Der Trauredner räuspert sich, bevor er sagt: »Es ist mir eine Ehre, an diesem wunderschönen Tag in New Hampshire zu sein, um diese beiden Menschen heute zu verheiraten.«

Ich weiß, dass die beiden nur eine kurze Zeremonie wollten, aber als der Redner ausholt, ist mir klar, dass man kurz offensichtlich unterschiedlich interpretieren kann, was ich nie gedacht hätte. Aber anscheinend ist das durchaus möglich.

»Es ist immer ein Segen, wenn sich zwei Menschen finden, die sich so sehr lieben, wie es Emily und Niall tun. Dabei hab ich mir sagen lassen, dass der Beginn ihrer Beziehung doch ein wenig holprig war.«

Und in diesem Moment ziehen alle Sullivans kollektiv die Luft ein. Das macht er doch nicht wirklich … Fassungslos schaue ich zu ihm, der freundlich in die Menge blickt. Nein, das kann nicht sein …

Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass die Hexe noch aus dem Grab ihre Finger im Spiel hat …

Aisling

Ich werde ihn umbringen. Das ist ganz klar. Erst werde ich ihm den Hals umdrehen, dann werde ich mir eine Machete besorgen und ihn in Stücke hacken. Kleine, große, unförmige. Ganz egal. Aber er wird Hackfleisch sein. Aber so was von.

Wie kann er es wagen, den katastrophalen Start der beiden ins Spiel zu bringen?

Ich frage mich, ob ich eingreifen sollte. Aber diese Sekunde sorgt dafür, dass er einfach weiterquatscht.

»Und es hätte auch ganz anders enden können.«

Ich kneife die Augen zusammen. Er weiß gar nicht, in welcher Gefahr er schwebt.

»Schließlich ist es nur Niall zu verdanken, dass Emily heute überhaupt noch unter uns weilt.«

Was? Moment mal …

Verwirrt schaue ich ihn an. Was hat er gesagt?

»Immerhin wäre Emily beinahe Opfer eines Baggers geworden, aber dann ist Niall todesmutig zu ihr gesprungen und hat sie gerettet.«

Die Geschichte kenne ich gar nicht.

Und Niall auch nicht, so wie ich das sehe. Er blickt zu Emily. »Das warst du?«

Sie lächelt. »Bei unserer ersten Begegnung hast du mich gerettet.«

Und dann küsst er sie.

Gott sei Dank.

»Der Kleine kann keine Regeln befolgen«, erklärt Riaan, dabei ist er doch der Rebell der Familie. Oder zumindest der oberste. Rebellisch sind wir irgendwie alle.

Ich schaue zu Ford, erinnere mich an unsere eigene Hochzeit, die noch gar nicht allzu lang her ist. Der Mann sieht einfach fantastisch im Anzug aus. Kein Wunder, dass ich Ja gesagt habe …

Er zwinkert mir zu, und ich würde mir ihn am liebsten schnappen und dann irgendwo hinter einer Hecke verschwinden. Aber heute geht es nicht um mich. Leider.

Und dann kommt dieser Redner nach gefühlten Stunden endlich mal zum Schluss. Zum wichtigen Teil.

»Möchtest du, Emily, den hier anwesenden Niall zu deinem Ehemann nehmen? Willst du ihn lieben und ehren, in Gesundheit und Krankheit, bis zum Ende eurer Tage?«

Einen Moment halte ich die Luft an. Ich weiß, dass Emily ihn liebt, über alles – allerdings weiß ich nicht wieso, aber das frage ich mich bei Taylor und Frida ja auch –, aber eine winzige kleine Stimme fragt gerade, ob das hier noch Teil des Racheplans dieser verdammten Hexe ist.

»Ich will«, sagt sie da, und ich bin so erleichtert, dass ich mir eingestehen muss, dass die Stimme doch ein klein wenig größer war …

»Möchtest du, Niall, die hier anwesende Emily zu deiner Ehefrau nehmen? Willst du sie leiben und ehren, in Gesundheit und Krankheit, bis zum Ende euer Tage?«

»Ich will«, kommt es wie aus der Pistole geschossen.

Emily lacht auf, während ihr Tränen über die Wangen laufen. Sie sind so süß zusammen.

»Dann tauscht jetzt die Ringe.«

Ich schaue grinsend zu Ford. Das war bei unserer Zeremonie ein historischer Augenblick. Anders kann man es wohl nicht sagen. Ich habe jede Sekunde geliebt.

Ich sehe ihm an, dass er ebenfalls daran denkt. Hach. Ich habe mir schon einen tollen Mann ausgesucht. Auch, wenn ich viel zu lange auf dem Holzweg war, wie ich mir wohl eingestehen muss … Aber gut. Selbst ich kann nicht immer perfekt sein …

Riaan

Als er sie jetzt wirklich küssen darf, klatsche ich, weil ich mich so für das Küken freue. Und als der Kuss andauert, johle ich. So muss man das nämlich machen.

Hach, bin ein bisschen stolz auf den Kleinen …

Grinsend schaue ich zu Taylor. Auch wenn wir beide gesagt haben, dass wir noch nicht heiraten wollen – oder auch gar nicht –, frage ich mich, wie sie aussehen würde, wenn sie in einem weißen Kleid auf mich zukommen würde. Ich wäre wahrscheinlich vollkommen geblendet, wenn Super Woman mich heiraten wollte.

Aber noch nicht. Oder auch gar nicht. Mal sehen.

Nachdem Emily und Niall losgelaufen sind, Oran und Aisling ihnen gefolgt sind, reiche ich Frida meinen Arm. Okay, es wäre vielleicht besser gewesen, wenn die Paare zusammengefunden hätten …

Und alles wäre wahrscheinlich besser gewesen, als dass ich mit Frida laufen muss. Schließlich bin ich mir nicht ganz sicher, ob Oran da so glücklich drüber ist. Aber jetzt kann ich nichts daran ändern.

»Das war wirklich schön«, murmelt sie.

Ich nicke. »Das war es.«

Ich bemühe mich um Abstand zu ihr, also zwischen unseren Körpern, damit mein großer Bruder bloß keinen Grund zu Eifersucht hat.

Okay, es ist auch eine blöde Gemengelage. Das gebe ich gern zu. Immerhin ist es nicht üblich, dass der Bruder mit der Freundin des Bruders schläft. Zu meiner Verteidigung: Damals war sie noch nicht seine Freundin. Im Grunde war sie damals noch nichts für ihn.

Aber der Große sieht das ein bisschen anders …

Kann ich auch verstehen. Schließlich würde ich ausrasten, wenn ich wüsste, dass er mit Taylor im Bett war. Okay, nicht dran denken, sonst raste ich allein bei der Fantasie schon aus.

Sobald ich kann, löse ich mich von Frida, drehe mich um, schaue zu Taylor, die an Fords Arm zu uns kommt. Ich grinse meinen besten Kumpel an, bevor ich sie küsse.

»Du siehst wunderschön aus«, murmele ich, ziehe sie an mich.

»Danke.« Sie grinst mich an. Das mag ich an ihr. Keine falsche Bescheidenheit.

Wir folgen den anderen in Richtung des Sektempfangs.

Ich beuge mich zu ihr. »Wie skandalös wäre es, wenn wir mal kurz verschwinden?«

Sie grinst. »Super skandalös.«

»Dann sollten wir uns gleich mal davon schleichen.«

Lachend drückt sie meine Hand. »Während des Dinners?«

»Auf keinen Fall. Das Essen will ich nicht verpassen.«

»Du willst lieber essen als mich vernaschen?«

»Das ist eine Fangfrage …«

Grinsend schüttelt sie den Kopf. »Du bist unmöglich.«

»Und das ist was richtig gutes. Das weiß ich, schließlich lese ich Emily Henry.«

»Das ist nichts, was du unbedingt rumposaunen musst«, erklärt mein Cousin Kilian, der von seiner Pubtour in England zurück ist.

»Ich steh zu meiner sanften Seite«, erkläre ich.

Er lacht. »Ah, das ist es, was du dir einredest.«

Ich gebe ihm einen Schubs. »Was weißt du denn schon? Hab ich das Mädchen?«

Er zwinkert Taylor zu. »Hast du.«

Und dann küsse ich das Mädchen, einfach, weil ich kann … Und sie bringt mich dafür nicht um, also ist es okay.

Emily

Meine Wangen tun schon weh vor lauter Grinsen. Das hier ist wirklich der beste Tag meines Lebens. Und Niall ist auch wirklich aufgetaucht!

Das hat mich so sehr erleichtert, dass er da am Blumenbogen auf mich gewartet hat. Ich hatte wirklich schon befürchtet, dass er mich vielleicht versetzen würde. Dann hätte Susanna gewonnen. Und das darf nach all dem Leid, dass sie uns schon zugefügt hat, ganz sicher nicht geschehen. Niemals.

Und vielleicht sollte ich auch aufhören, ihr irgendwelchen Raum an meiner Hochzeit zu geben.

»Du siehst so wunderschön aus, mein Mädchen«, murmelt Deirdre, als sie mich in die Arme schließt. »Ich bin so stolz, deine Schwiegermutter zu sein.«

Und wie soll ich da nicht anfange zu weinen?

Niall grinst mich an, wischt mir die Tränen ab. Und ich hoffe wirklich, dass er das bis zum Ende aller Tage tun wird. Und dass es immer nur Freudentränen sind …

»Du machst mich so unendlich glücklich«, flüstert er, und muss dann direkt noch ein paar Tränen trocknen.

»Das kannst du doch nicht einfach so sagen«, schluchze ich auf.

Lachend wickelt er mich in seine Arme, und es gibt keinen Ort, an dem ich mich geborgener fühle, als hier. Er ist die große Liebe meines Lebens. Und ich hatte niemals gedacht, dass ich sie überhaupt je finden würde. Aber vielleicht sind das so Dinge, durch die Pflegekinder durchmüssen. Weil sie sich manchmal nicht zugehörig fühlen, nicht geliebt genug fühlen, erkennen sie nicht, dass sie Liebe verdient haben. Umso wichtiger ist es zu sehen, dass es da Menschen gibt, die so viel Liebe zu geben haben, dass alle genug bekommen.

Als wir alle ein Glas haben, klopft Niall leicht mit einem Löffel an seins. Um uns herum wird es leiser.

Er grinst mich an – und ich bin so froh, dass er die Rede hält, weil ich sterben würde –, bevor er sagt: »Vielen Dank, dass ihr alle zum besten Tag meines Lebens gekommen seid. Wer hätte je gedacht, dass die schönste Frau der Welt Ja zu mir sagen würde?«

»Also ich nicht«, erklärt Riaan grinsend, und ich kann sehen, dass Niall sich eine mentale Notiz macht, um seinem Bruder später noch eine reinzuhauen. Diese Sullivans …

»Sehr witzig, Arschloch«, kommentiert er, was mich zum Grinsen bringt. Schimpfworte auf einer Hochzeit hat man auch nicht alle Tage. »Und doch hat sie es getan. Und das geht an alle Sullivans: Bitte tut nichts, dass sie ihre Meinung noch ändert.«

Deirdre empört sich: »Als würden wir das tun. Wir haben nämlich auch nicht dran geglaubt.«

»Toll, Mom. Wirklich«, spottet er, während ich anfange zu lachen. Ich liebe die Sullivans einfach so sehr.

»Jedenfalls darf ich euch im Namen meiner Frau«, und wie ich das liebe!, »und mir auf unserer Hochzeit willkommen heißen. Wir freuen uns sehr, dass ihr alle da seid, um diesen besonderen Tag mit uns zu feiern. Wobei … eigentlich wollten wir nur die Geschenke.«

Ich stoße ihm mit dem Ellenbogen in die Seite. »Wir hatten ausgemacht, dass wir das nicht laut sagen.«

»Ups«, erklärt er, bevor er grinsend sein Glas hebt. »Auf Emily Sullivan, die großartigste Frau, die man sich nur wünschen kann.«

Dann stoße ich mit ihm an. Gott, wie sehr ich ihn liebe …

Oran

Ich suche mit den Blicken nach ihr und als ich sie finde, spüre ich, wie mein Herz schneller schlägt. Bevor ich noch zu ihr gehen kann, spüre ich eine schwere Hand auf meiner Schulter.

»Sohn«, sagt Dad.

»Hey. Das war eine schöne Zeremonie.«

»War es. Und deine Mom ist außer sich vor Freude, dass sie zwei Kinder unter der Haube hat. Ich soll dich subtil fragen, wann es bei euch so weit ist.«

»Bald.«

»Das wird sie freuen.«

Ich schaue zu Mom, die bei Tante Bernie, Tante Eileen und Tante Angela steht, und ihnen ohne Zweifel unter die Nase reibt, dass sie alle Kinder in Beziehungen hat, und zwei sogar schon verheiratet sind.

Ich kann meinen Tanten ansehen, dass sie da ein klein wenig neidisch sind. Nur Tante Eileen kann das nicht ganz so tangieren. Immerhin war ihre Tochter die erste aus unserer Generation, die sich gebunden hat. Für immer wird ihr dieser Titel gewiss sein.

»Dad, ich muss jetzt mal zu Frida, sonst wird das vielleicht nichts mit dem Bald.«

Er nickt und lächelt. »Hast dir ein tolles Mädchen ausgesucht.«

Aber irgendwie denke ich, dass es sie war, die mich gewählt hat.

Ich gehe zu ihr. Sie hat einen Arm um ihre Granny gelegt. Ich liebe, dass die Marlowes jetzt Teil unserer Familie sind. Da unsere eigenen Großeltern zu früh von uns gegangen sind, haben wir uns alle gefreut, Fridas Großeltern zu adoptieren. Wir alle lieben sie. Und ich weiß, dass es ihr sehr viel bedeutet, dass sie ein Supportsystem für die beiden hat.

Es ist auch viel für eine Person …

Ich trete zu ihnen, küsse Granny auf die Wange. Ihre Augen sagen mir, dass sie heute einen guten Tag hat.

»So ein schneidiger Mann«, sagt sie zu ihrer Enkelin, was mich zu Grinsen bringt.

»Granny, darf ich sie einen Moment entführen?«

»Natürlich, natürlich«, sagt sie, drückt Fridas Hand, bevor sie den Arm ihres Mannes ergreift.

Frida sieht mich so voller Liebe an, als ich sie auf die Tanzfläche führe. Das Brautpaar hat bereits getanzt, und die ersten Paare folgen ihnen.

»Ich liebe dich«, sage ich leise.

Ihr Gesicht wird weich. »Ich dich auch.«

Ich ziehe sie in meine Arme. Man kann bestimmt nicht sagen, dass ich ein großartiger Tänzer bin, aber so ein bisschen hin und her schaukeln, bekomme ich schon hin.

Ich genieße ihren Körper, der sich an meinen schmiegt – bekomme plötzlich Flashbacks an die letzte Nacht –, spüre, dass sich da was regt.

Frida lacht leise auf. »Du hast schmutzige Gedanken.«

»Wie auch nicht? Schließlich halte ich die schönste Frau der Welt in den Armen.«

»Du Charmeur.«

Und wir beide wissen, dass ich das eigentlich nicht bin. Nur für sie …

»Ich weiß, dass an ihrer Hochzeit die Braut immer die Schönste ist. Aber für mich … für mich bist es immer nur du.«

Sie sieht mich an, in ihren Augen steht all die Liebe, die sie für mich empfindet.

Und dann … dann küsst sie mich.

Und Dinge regen sich ganz eindeutig …