Bonusszene Caelan

Blair

Drei Jahre später

Mit einem Seufzen schließe ich die Tür. Puh. Das war jetzt ganz schön viel. Ich drehe mich um, sehe all die Kartons, die sich im Flur stapeln. Weil wir ein offenes Raumkonzept haben, sehe ich ebenfalls die Kisten, die sich in Küche und Wohnzimmer tummeln. Das wird noch einmal viel Arbeit.

Von draußen höre ich Caelan nach Zora rufen und gehe neugierig durch die Tür auf die Terrasse. Ich lasse meinen Blick über das wirklich riesige Grundstück gleiten, das wir gekauft haben. Mein Gesicht verwandelt sich in ein strahlendes Lächeln.

Ein Bauernhof.

Ein Bauernhof für Caelan und mich. Für Zora. Für die beiden Pferde, die wir letztes Jahr gerettet haben, für die drei Ziegen, die wir vor zwei Monaten zu uns geholt haben, und all die unzähligen anderen Tiere, die wir noch aufnehmen wollen.

Der Junge, der schon immer Tieren helfen wollte, und das Mädchen, das sich um aussichtslose Fälle bemüht hat, haben endlich ihr Paradies gefunden. Ich kann es immer noch nicht so ganz fassen, dass wir es geschafft haben.

Es war nicht einfach. Die Suche nach einem Bauernhof so nah an der Stadt, dass Caelan keine Weltreise machen muss, um in die Tierklinik zu kommen, ist ganz schön hart. Aber ich wusste, dass es klappen würde. Als endlose Optimistin hatte ich mir das gewünscht, und nicht aufgegeben.

Auch dann nicht, als Sandra und Libby beschlossen haben, die Praxis nicht weiterführen zu wollen, weil ihnen die Belastung zu groß wäre – natürlich hatten sie Caelan auch weiterhin ausgenutzt, aber das haben sie ja nicht so gesehen – und wir dann erst nicht wussten, wie es für ihn weitergehen sollte. Aber sein Kumpel James war nur zu gern bereit, Caelan als Partner in die Klinik aufzunehmen. Da seine Patienten das auch okay fanden, allen voran Mrs. Brennan und Felix, hat er den Schritt gewagt. Und nicht eine Sekunde bereut.

Denn da hat er ein Team, das diesen Namen auch verdient.

Und das Beste? Er hat zwar Schichtdienst, aber nur einen pro Tag.

Ich gehe in Richtung Scheune. Da ist Caelan. Oben ohne, weil es so ein heißer Tag ist. Gott, ich kann immer noch nicht genug von diesen Bauchmuskeln bekommen! Ist es eigentlich normal, dass man auch nach drei Jahren immer noch so richtig verknallt in den Typen ist, mit dem man das Bett teilt?

»Zora, hierher«, ruft er. Karamellsoßenstimme! O Gott, ich werde schwach!

Sofort gehorcht sie, stellt sich erwartungsvoll vor ihn hin. Die Zunge hängt ihr aus dem Maul, der Schwanz wedelt.

»Sitz.« Sie setzt sich. »Häschen.« Sie hebt die Vorderpfoten in die Höhe.

»Das sieht ein bisschen aus wie ein boxendes Känguru«, stelle ich grinsend fest.

Als sie meine Stimme hört, rennt sie auf mich zu, springt mich an. »Meine kleine Beste«, murmele ich, während ich sie hinter den Ohren kraule.

»Sie darf dich nicht anspringen«, meint Caelan.

»Doch, darfst du, nicht wahr, mein Schneckchen? Du darfst mich anspringen.« Ich streichele sie an der Stelle an der Schulter, die sie ganz besonders liebt.

Caelan kommt kopfschüttelnd auf mich zu. »Wenn wir da nicht an einem Strang ziehen, wird das nichts.«

Ich schaue ihn grinsend an. »Hey, ich mach doch alles mit dir mit. Aber ich lieb’s, wenn sie sich so freut, mich zu sehen.«

»Das ist ja auch süß«, gibt er zu, lehnt sich gegen den Zaun. Das Lächeln auf seinem Gesicht zeigt, wie zufrieden er ebenfalls ist. »Aber nicht förderlich bei der Erziehung.«

»Sie kann sogar boxendes Känguru. Das kann nicht jeder.«

»Das stimmt natürlich.«

Zora sieht einen Schmetterling, dem sie erstmal hinter rennen muss, weswegen ich mich an Caelan kuschele. »Alles gut bei dir?«

»Yep, alles super. Noch mehr, wenn der Rest der Rasselbande eingezogen ist.«

»Du meinst die Pferde und die Ziegen, nicht wahr?«, frage ich misstrauisch.

»Also, da wurden heute zwei kleine Katzen in der Klinik abgegeben …«

»Zora hasst Katzen.«

»Aber vielleicht nicht die. Ich mein, man kann Hunde und Katzen aneinander gewöhnen.«

»Du bist erst zufrieden, wenn wir einen Zoo haben, oder?«

Er zieht mich an sich, vergräbt seine Hände in meinen Haaren. »Als würde dir das ungelegen kommen.«

»Na ja, so ein paar Hühner wären noch schön«, erkläre ich.

Lachend drückt er seine Lippen gegen meine Schläfe. »Ich bin mir nicht sicher, ob das hier kein Wettbewerb ist, wer den Zoo am schnellsten zusammen hat.«

»Aber ich hab so einen Artikel über Legehennen gelesen …«

Er zieht mich fester an sich. »Ich bin froh, dass du das genauso siehst wie ich.«

»Ich mein, dafür haben wir doch den Bauernhof. Damit wir nie wieder Eier kaufen müssen. Richtig?« Ich grinse ihn an.

»Und ich dachte, dass wir nach drei Jahren getrennte WG endlich zusammenwohnen können.«

»Als hätten wir irgendeine Nacht getrennt verbracht.«

»Bestimmt gab es da mal eine.«

Ich schüttele den Kopf. »Nein, auch wenn du notfallmäßig unterwegs warst, bist du immer noch ins Bett gekommen, bevor ich aufgestanden bin.«

»Das zählt?«

»Natürlich!«

»Wieso?«

»Weil ich das so entschieden hab.«

Er lacht auf, bevor er mich zurückbeugt und meine Lippen findet.

»O Mann, kannst du meine Schwester bitte erst vernaschen, wenn ich zurück nach Montrose fahre?«, kommt da die Stimme meines Bruders, der uns beim Umzug geholfen hat.

»Ach, wusstest du nicht, dass wir hier eine Nudisten-Kommune aufziehen?«, rufe ich ihm zu.

Ein gequälter Ausdruck erscheint auf seinem Gesicht. »Bitte erwähne doch nicht Nacktheit in Zusammenhang mit dir. Echt nicht.«

»Hey, ich seh nackt hervorragend aus!« Ich stemme die Hände in die Hüften.

»Kann ich bestätigen«, meint Caelan.

Mein Bruder tut so, als müsste er würgen. »Ich glaub, mir wird schlecht.«

Ich gehe zu ihm, boxe ihm gegen die Schulter. »Du bist ein Arsch!«

Er lacht auf, bevor er mich schubst. Nur leicht, ganz sicher nicht so hart, wie ich es getan hätte. »Und du bist meine kleine Schwester. Ich will glauben, dass du nichts Verruchtes tust.«

»Verrucht? Ich tu nichts Verruchtes.«

Er zieht die Augenbrauen hoch. »Na, dann machst du es falsch.«

Caelan lacht auf.

Mit funkelndem Blick drehe ich mich zu ihm um. »Was lachst du denn jetzt?«

Er hebt die Hände. »War nur ein Räuspern.«

Und dann lachen sie mich beide aus. Ganz toll. Die Männer in meinem Leben sind doch zum in der Pfeife rauchen.

»Komm, Zora«, rufe ich, »wir gehen Kuchen essen.« Und damit meine ich, dass ich den Schokoladenkuchen esse, den Peaches uns gebracht hat, und Zora den Hackfleischkuchen, den sie ebenfalls gemacht hat. Schließlich liebt sie all ihre Urenkel gleichermaßen. Die mit Fell ebenso wie die ohne.

Der kleine Mischling folgt mir munter in die Küche. Wahrscheinlich klinge ich wie jede stolze Mutter, aber Zora ist die süßeste, die liebste und die klügste. Ist ja wohl klar.

Ich öffne den Kühlschrank, nehme einen der Pappteller, die wir nur für den Tag des Umzugs besorgt haben, sonst stehen wir beide auf Mehrweg, und fülle ihn mit dem Hackbraten. Als ich mich umdrehe, sitzt sie erwartungsvoll vor mir, legt den Kopf schief.

»Oh, du bist ja eine Feine!«, rufe ich aus, bevor ich ihr den Teller hinstelle und mit der Zunge schnalze – unser Signal, dass sie Fressen darf.

Dann nehme ich mir selbst ein Stück Schokokuchen, aber natürlich schneide ich für Caelan und Max auch was ab. Aber kleinere Teile. Hey, ich liebe Kuchen nun mal.

Ich setze mich auf die Couch, die wir schon haben, bereue es keine Minute später, als ich Schokolade auf den hellen Bezug schmiere. Wächst man aus seiner Tollpatschigkeit nicht mal raus?

»O Mist«, murmele ich vor mich hin, stehe mit dem Teller auf, stelle ihn auf die Kücheninsel. Nicht auf den Couchtisch, den Fehler habe ich schon einmal gemacht. Gott sei Dank nicht mit Schokolade, sondern mit Nusskuchen. Aber Zora war der Meinung, dass ich ihr den hingestellt hatte.

Mit einem Lappen bewaffnet, versuche ich den Fleck wegzubekommen, aber verteile ihn einfach nur mehr. Nun gut, zumindest ist er jetzt blasser. Als mir einfällt, dass man die Bezüge waschen kann, bin ich erleichtert.

Als ich mir meinen Teller wiederhole, setzt sich Zora neben mich und sieht mich mit großen, treuen Augen an.

»Nein, meine Süße. Das ist Schokolade. Das darfst du nicht essen. Ich weiß, das findest du ganz gemein.« Ich rede überhaupt nicht zu viel mit meinem Hund. Gar nicht.

Als ich fast fertig bin, kommen die beiden Jungs rein.

»Eine gute und eine schlechte Nachricht.«

»Zora hat keine Schokolade gegessen, oder?«, fragt Caelan besorgt.

»Nein, natürlich nicht. Wofür hältst du mich?«

»Für dich«, erklärt mein Bruder.

»Für dich gibt es keinen Kuchen. So.«

Aber da hat er sich schon den Teller geschnappt, den ich für ihn bereitgestellt habe.

»Also, was sind die Nachrichten?«

»Die schlechte Nachricht: Ich hab auf die Couch gekleckert.«

Caelan verdreht die Augen. »Ich hatte noch gesagt, lass uns eine dunkle nehmen.«

»Aber die gute Nachricht ist, dass man die Bezüge waschen kann.«

»Du bist eine Das-Glas-ist-halbvoll-Person, was?«, fragt Max amüsiert, bevor er sich auf einen Stuhl setzt. Absichtlich, damit er, der auch tollpatschig sein kann, bloß nicht die Couch schmutzig macht.

Seine Shorts rutschen hoch. Die Narben von seinen Verbrennungen kommen zum Vorschein. Nicht mehr ganz so krass wie damals, aber verschwinden werden sie nicht mehr. Aber Hauptsache ist ja, dass er noch am Leben ist.

Nach dem Kuchen verabschiedet er sich, und Caelan und ich gehen gemeinsam über unseren Bauernhof. Morgen kommen unsere Pferde und Ziegen, vielleicht bald die beiden Katzenbabys und die Legehennen, und dann werden wir wohl nie wieder einen ruhigen Moment haben. Nicht so wie jetzt.

»Bist du glücklich?«, frage ich ihn.

Sein Arm, den er mir um die Schultern gelegt hat, festigt sich. »Ich war noch nie glücklicher.«

»Danke.«

»Wofür?«, fragt er mich überrascht.

»Für dieses schöne Leben.«

Und dann bekomme ich den ersten Kuss an diesem ersten Abend an diesem ersten Tag unseres restlichen Lebens.

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