Bonusszene Nellie & Ethan
Drei Jahre später
Nellie
Ich öffne die Haustür, ziehe meine Winterstiefel aus, hänge meine Jacke auf. Es ist schon kalt, aber es schneit noch nicht. Also im Grunde ziemlich gutes Wetter.
»Ich bin zu Hause«, rufe ich fröhlich, auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob der Katastrophen-Deputy überhaupt da ist. Sein Auto steht zwar vor dem Haus, aber das heißt noch lange nichts.
»Wohnzimmer.«
Grinsend gehe ich durch den Flur, stoße die Tür auf, werde von einem kleinen Monster angefallen, das aufgeregt an meinem Bein hoch- und runterspringt.
»Hey, meine Beste«, gurre ich, streiche über das weiche Köpfchen.
Als ich meinen hebe, sehe ich Ethan auf der Couch sitzen. Mit einem weiteren Fellknäuel auf dem Arm.
Ich richte mich auf, stemme die Hände in die Seiten. »Ethan Hamilton, nein. Ganz sicher nicht. Auf keinen Fall. Nein.«
Er hält mir das kleine Wesen hin. »Aber schau doch mal, wie süß sie ist.«
Ich verdrehe die Augen. Dieser Mann macht mich fertig. Ich gehe zur Couch, während ihre königliche Hoheit Phoebe von Moore und Hamilton weiter an meinen Beinen hochspringt.
Ich baue mich vor meinem Mann auf, schüttele den Kopf. »Wir haben keine Zeit für noch jemanden.«
»Aber … sie hat sonst niemanden.« Er sieht mich flehentlich an, weil er herausgefunden hat, dass ich ihm dann nicht widerstehen kann. Aber wenn ich jetzt nicht hart bleibe, setzt das ganz furchtbare Präzedenzfälle, die uns in die Katastrophe stürzen werden.
»Bring sie zu Juniper und Hudson.«
»Aber sie ist kein Husky.«
»Dann bring sie zu Katie. Wenn sie erst mal verliebt ist, kann Sally nichts mehr dagegen sagen.«
»Witzig, dass du denkst, dass Sally das Sagen hat.« Dann nickt er. »Ja, stimmt. Aber sie kann mich schon leiden.«
»Natürlich kann sie dich leiden, weil du der weichherzigste Mensch in Whynot bist. Die Tiere hier stupsen sich schon immer an und sagen: Da kommt der Trottel, der eh nicht Nein sagt. Tu so, als wäre deine Pfote verletzt, dann kauft er dir ’nen Hotdog.«
Er grinst mich an. »Du verblüffst mich immer wieder, Penelope. Ich wusste nicht, dass du die Sprache der Tiere sprichst.«
Ich schaue das kleine zitternde Wesen an, das es sich an Ethans Brust gemütlich gemacht hat. Ihre Augen sind so groß, dass sie ihr beinah aus dem niedlichen Gesichtchen fallen.
»Ach, Ethan …«
Er streicht über ihren Bauch. »Ich glaub, sie ist schwanger.«
Ich setze mich neben ihn, Phoebe nutzt die Chance, auf die Couch zu springen und mir durchs Gesicht zu lecken. Ich kraule ihre Ohren, betrachte das zitternde Wesen.
»Schwanger …«, wiederhole ich. »Das bedeutet, dass wir wochenlang nicht schlafen werden.«
»Ich übernehm alles.«
»Ja, klar.«
»Doch, versprochen.«
»Du schläfst so tief und fest, dass du nicht mal mitbekommen würdest, wenn das Haus in Flammen steht.«
»Das mag stimmen, aber ich stell mir ’nen Wecker.«
»Den du auch nicht hörst, und der nur mich weckt.«
»Penelope … Sieh sie dir an. Kannst du eine werdende Mutter auf die Straße schicken?«
Ich kneife die Augen zusammen. »Du bist so unmöglich.« Und dann strecke ich meineHand aus, um dem kleinen Hund die Chance zu geben, meinen Geruch aufzunehmen.
Als sie ruhiger aussieht, berühre ich ihren Hals, kraule sie. Das Zittern hört auf, sie dreht sich in seinen Armen. Mist. Sie ist schon zu Hause.
»Das ist aber das allerletzte Tier.«
»Versprochen«, behauptet er, aber da wir dieses Spiel in den letzten drei Jahren schon mehrere Male gespielt haben, ist weder mein Ultimatum noch sein Versprechen auch nur einen Pfifferling wert.
»Hast du gehört, meine Kleine? Du darfst bleiben.« Er sieht mich triumphierend an. »Weißt du, was ich denke, Penelope?«
»Was?«
»Dass du eigentlich die weichherzigste Person in Whynot bist.«
»Nimm das zurück.«
Aber stattdessen küsse ich ihn, dann Phoebe, bevor ich wieder aufstehe und zu dem Katzenspielplatz gehe, der eine ganze Wand einnimmt. Darauf habe ich mich nur eingelassen, weil er mich überrumpelt hat. Indem er oben ohne Holz gehackt hat. Dieser blöde Grayson Campbell hat ihm verraten, dass das Wunder wirken würde …
Ich streichele einen schwarzen Kopf, dann einen getigerten und einen orangen. Dann knie ich mich neben ein Hundebettchen, halte den beiden Senioren darin meine Hände vor die Nasen, damit sie aufwachen, ohne sich zu erschrecken. Sie können beide nicht mehr hören und das Sehvermögen ist auch eingeschränkt.
Als sie wach werden, wedeln sie begeistert mit ihren Schwänzen, lecken meine Hände. Gott, ich liebe sie.
»Meine kleinen Süßlinge«, murmele ich. »Wie kann man nur so süß sein? Wirklich. Seid ihr die Besten oder was?«
Phoebe schmiegt sich an mich, als wollte sie sagen: Das bin doch schon ich.
Abwechselnd kraule ich sie, bevor ich mich erhebe, die Tür zum Garten aufmache. Zwei Huskys stürmen auf mich zu, werfen mich beinahe um, als sie sich auf mich stürzen. Ethan greift rechtzeitig zu, sodass ich mich nicht auf dem Boden wiederfinde. Dieses Spiel haben wir auch schon zur Genüge gespielt.
Ich streichele diese beiden Fellbabys – die natürlich nicht hier draußen wohnen. Nein, sie wohnen auf der Couch, wie alle anderen auch. Aber sie sind viel lieber draußen als ihre kleinen Geschwister, weswegen sie immer hier zu finden sind.
Ethan schlingt seinen Arm um meine Schulter. »Du liebst sie doch auch alle.«
»Bestreit ich ja nicht.« Ich kuschele mich gegen ihn, wickele meine Arme um ihn.
»Das ist wirklich die letzte.«
»Aber sie bekommt Babys.«
»Wir könnten für sie ein gutes Zuhause suchen …«
Ich hebe den Kopf, sehe ihn kritisch an.
»Okay, fein. Tu ich eh nicht.«
»Tust du auch eh nicht.«
Er grinst, bevor er mich küsst. »Du kennst mich zu gut.«
»Ja ja.«
Dann seufze ich, lehne meinen Kopf an seine Brust, schaue den beiden Huskys – Celeana und Aelin – zu, wie sie durch den Garten tollen. Vielleicht bin ich wirklich die weichherzigste Person Whynots … Schließlich schaffe ich es nicht, auch nur ein Tier, das er in den letzten drei Jahren angeschleppt hat, wieder gehen zu lassen.
Verdammter Katastrophen-Deputy.
Ich liebe ihn.
»Was gibt es zu essen?«, frage ich ihn, als wir wieder reingehen.
»Deine Mom hat Schmorbraten vorbeigebracht.«
»Sie ist die Beste.«
»O ja.«
Ich gebe ihm einen Stoß. »Ich dachte, das bin ich!«
»Natürlich, keine Frage. Aber da sie fünfzig Prozent deiner Gene hat, ist sie das auch irgendwie.«
»Hm. Na gut.«
Und dann verbringen wir den Abend, wie es uns beiden am besten gefällt. Mit Essen auf der Couch, umgeben von allen Hunden und Katzen. Die beiden Huskys sind auch ins Haus gekommen, als sie das Essen gerochen haben.
Während ich meine Gabel in den Braten steche, folgen mir neun Augenpaare. Vom Teller zu meinem Mund. Zurück zum Teller. Wieder zum Mund.
»Das hab ich gesehen«, sage ich dann.
Ethan zuckt mit den Schultern, während er der neuen Hündin ein Stück Fleisch hinhält. »Sie ist so dünn. Und schwanger.«
Dünn ist sie wirklich. »Vielleicht kann uns Peyton aus Anchorage was zum Aufpäppeln mitbringen.«
»Ich hab auch schon mit Jakob gesprochen. Er bestellt uns was.«
Natürlich hat er das. »Wo kommt sie eigentlich her?«
»Maverick hat sie auf dem Gelände der Lodge gefunden. Sie war dreckig, halb verhungert und die eine Pfote ist verletzt.«
»Oh, wo denn?«
Er hebt sie hoch, deutet auf den rechten Hinterlauf. Als er sie hinstellen will, knickt sie ein, rollt sich wieder zusammen.
»Oh, Mist. Wir brauchen wirklich einen Tierarzt in Whynot.«
»Ich könnte morgen mit ihr nach Wasilla fahren.«
»Danke.« Ich lächele ihn an. »Dann können wir auch direkt einen Ultraschall machen, um zu wissen, ob mit den Welpen alles in Ordnung ist.«
»Ich liebe, dass Geld für dich keine Rolle spielt.«
Ich zucke mit den Schultern. »Ist ja deins.«
Er lacht auf. »Mich kannst du nicht täuschen, Penelope.«
Ich lächele ihn an, bevor ich mir den letzten Rest in den Mund stecke, ihm dann seinen leeren Teller abnehme und in die Küche gehe, um den restlichen Schmorbraten aufzuschneiden und an die neun Mäuler zu verteilen, die so tun, als würden sie verhungern. Okay, bei der Neuen stimmt das vielleicht auch.
»Wir brauchen einen Namen für sie«, sage ich, während ich sie füttere.
»Wie heißt die Protagonistin in dem Buch, das du gerade liest?«
Ich lache auf. »Wir können auch mal was anderes nehmen.«
»Wie heißt sie?«
»Daphne.«
Er tippt mit zwei Fingern auf ihre Schultern, bevor er sie auf ihren Kopf legt. »Ich taufe dich auf den Namen, königliche Hoheit Daphne von Moore und Hamilton.«
Ich verdrehe die Augen. »Wir können nur hoffen, dass niemand eine Wanze bei uns versteckt hat, denn sonst würden sie uns einweisen.«
Er öffnet seinen Arm, und ich kuschele mich nur zu gerne neben ihn. »Vielleicht können Paare ins selbe Zimmer.«
Die Hunde suchen sich ihre Plätze, Phoebes ist natürlich auf meinem Schoß. Daphne liegt neben Ethan, hat ihren Kopf auf seinen Oberschenkel gelegt.
Die Senioren können nicht mehr auf die Couch. Anfangs hatten wir eine Treppe für sie, aber seit Violet sie runtergefallen ist und sich das Beinchen verstaucht hat, haben wir beschlossen, dass sie unten bleiben müssen. Was regelmäßig dazu führt, dass wir beide ebenfalls auf dem Boden liegen …
Durchgeknallt trifft es ziemlich genau.
Ich streichele Phoebes weiche Ohren. Sie war die erste. Gäste aus dem Denali Inn haben sie einfach zurückgelassen. Ezra hat Ethan gerufen, damit er die Besitzer zur Strecke bringt, aber aus irgendeinem Grund hat sich mein Mann dazu entschieden, den Hund mit nach Hause zu nehmen.
Bis zu diesem Zeitpunkt hätten wir beide uns als grundsätzlich tierlieb bezeichnet, aber mehr so aus der Ferne. Phoebe hat alles geändert.
Und mir wurde klar, dass ich zwar keine eigenen Kinder haben will, aber Fellkinder durchaus.
Mit jedem einzelnen Zuwachs sind wir nur glücklicher und glücklicher geworden. Es ist perfekt.
»Danke, dass du so cool reagierst«, sagt er, drückt einen Kuss auf meinen Kopf.
»Wie denn auch nicht? Wenn sie einen aus solchen Augen ansehen …«
»Du bist einfach die Beste, Penelope.«
Ich grinse, hebe das Gesicht. »Das stimmt wirklich.«
Lachend beugt er sich zu mir, küsst mich. Und es gibt wirklich nichts Besseres.
Das hier … Das ist perfekt.
