Bonusszene RYAN

Hayden

Wir saßen auf der Veranda, ich hatte meine Füße in Ryans Schoß, genoss, dass er sie mir rieb. Eigentlich war ich kein Fußfetischist, aber zu so einer kleinen Massage sagte ich ganz sicher nicht Nein. Wer war ich denn?

Aber dann entzog ich sie ihm plötzlich, richtete mich auf.

»Was?«, fragte er neugierig.

»Ich weiß nicht«, murmelte ich, während mir Ideen in den Kopf kamen.

»Du machst mir Angst.«

»Erzähl mir was Neues.«

»Auch wieder wahr.«

Da war was. Etwas, dass sich nicht fassen ließ. Etwas, was sich monumental anfühlte, auch wenn ich noch nicht wusste, was es genau war. Aber wenn es sich entfaltete, würde es mein Leben komplett auf den Kopf stellen. Vielleicht war es also besser, wenn ich es nicht erkannte. Denn ich mochte mein Leben.

Ich war Sicherheitschefin in Ryans Firma, konnte jeden Tag mit Kristen Mittag essen gehen. Der Job war nicht so besonders anspruchsvoll, das stimmte. Seit es damals vor der KI-Veröffentlichung zu den Einbrüchen kam, war alles ruhig geblieben. Wahrscheinlich, weil es sich nicht mehr lohnte, nachdem die Markteinführung ein solcher Erfolg gewesen war.

Es war nicht so, dass ich unglücklich war. Ganz und gar nicht. Aber es fehlte die Herausforderung. Pierce Security mit all seinen Schwächen war aufregend. Und ich hätte gerne erlebt, wie ich als offizielle Chefin alles angegangen wäre. Wie ich mich vielleicht entwickelt hätte, gewachsen wäre. All das war mir durch die Machenschaften meines Vaters und Tylers nicht gegönnt.

Ich bereute es nicht. Es war richtig, die Firma aufzulösen und all die Schuld, die wir auf uns geladen hatten, zu mildern. Aber ich war … gelangweilt. Ja, das war der richtige Begriff.

»Ist alles okay?«, fragte Ryan.

Ich zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung«, gab ich zu.

»Du würdest es mir doch sagen, wenn was wäre?«

»Sicher.« Aber ganz so überzeugt war ich nicht, schließlich wollte ich nicht, dass er sich Sorgen machte.

Er rutschte näher, griff nach meiner Hand. »Du hast doch was.«

»Denkst du, dass du mich kennst?«

Grinsend nickte er. »In den letzten zwei Jahren hab ich dich schon ganz schön gut kennengelernt.«

»Hm.«

»Und du bist rastlos.«

Rastlos. Das war es.

Jetzt, wo er es beim Namen nannte, war es offensichtlich.

Ich ließ den Kopf hängen, seufzte. »Stimmt.«

»Wieso?«

»Ich weiß es nicht.«

»Sei ehrlich.«

Ich sah ihn an, blickte in seine intelligenten Augen, wusste, dass ich ihm keinen Bullshit verkaufen konnte. Das war das Dilemma mit klugen Ehemännern. Sie durchschauten einen.

»Vielleicht ist mir langweilig.«

»Jetzt gerade oder generell?«

Ich lächelte ihn an. »Mit dir ist es das nie. Ich mein, so allgemein.«

»Dann ist die Lösung einfach. Wir müssen einfach die ganze Zeit zusammen verbringen. Problem gelöst.«

»So ganz ohne Aufgabe würde uns beiden langweilig werden.«

»Aber wir könnten endlich die Ranch aufbauen.«

»Ich hatte dir schon gesagt, dass ich keinen Kuhmist schaufeln will.«

»Fein, dann mach ich das.«

Seufzend strich ich über seine Finger. »Wirst du mich hassen, wenn ich sag, dass mein Job nicht gerade aufregend ist?«

»Nein, allerdings wundere ich mich schon die ganze Zeit, wieso dir das nicht schon längst aufgefallen ist.«

Ich blickte ihn an. »Wie meinst du das?«

Er grinste. »Ach, komm schon. Du hattest eine riesige Firma, bist ständig zu Höchstleistungen aufgelaufen, musstest überall irgendwelche Feuer austreten. Und jetzt? Ich bin mir ziemlich sicher, dass du Däumchen drehst.«

»Hey, ja. Willst du damit sagen, dass ich meinen Job nicht ernst nehme?«, fragte ich und fühlte mich fast schon angegriffen.

»Nein, will ich nicht. Ich will nur sagen, dass du hoffnungslos überqualifiziert bist. Und versteh mich nicht falsch. Ich liebe es, mit dir zusammen zu arbeiten, aber noch wichtiger wäre es mir, dass du glücklich und erfüllt bist.«

»Hm.«

»Bist du das? Glücklich und erfüllt?«

Ich schüttelte den Kopf. »Mit dir schon. Ich liebe dich jeden Tag ein bisschen mehr.«

»Ich bin ja auch unwiderstehlich.«

Augen verdrehend boxte ich ihn gegen die Schulter. »Ja, klar.«

»Aber sonst nicht?«

»Nicht so.«

»Dann musst du was daran ändern.«

»Und was?«

»Du bist gefeuert.«

Ich starrte ihn an. »Wie bitte?«

»Wenn dein Job bei mir dich daran hindert, glücklich zu werden, dann nehm ich ihn dir weg.«

»Das ist ziemlich fies. Und ich glaub auch nicht, dass das laut Ehevertrag erlaubt ist.«

»Den hab ich zerrissen und weggeschmissen.«

»Was?«, fragte ich empört.

»Ich hab mir nur ein Beispiel an dir genommen.« Er zwinkerte mir zu.

Ein wohliges Gefühl flutete mich, als ich an unseren turbulenten Anfang dachte. Und gleichzeitig Nostalgie, weil es nicht mehr so war, wie damals. Die Sicherheit, die mir das gab, war schön, aber gleichzeitig fehlte mir die Aufregung.

»Aber der Vertrag sollte dich schützen, Ryan. Du bist der Reiche in unserer Beziehung.«

»Ich muss vor dir nicht geschützt werden. Du kannst die Hälfte von allem haben. Ach was, nimm alles.«

»Du bist ganz schön nervig. Ich hätte nie zugestimmt, dich zu heiraten, wenn ich gewusst hätte, dass du dein Vermögen so leichtfertig in Gefahr bringst.«

Er hob beide Hände, funkelte mich an. »Bis hierhin und nicht weiter. Du kannst deine Scherze treiben, aber unsere Ehe ist mir heilig und die steht nicht zur Debatte. Niemals.«

Irgendwie war er ja schon ganz süß, wenn er mich auch zur Weißglut trieb. »Ich stelle sie nicht in Frage, nur deinen Verstand.«

»Sorry, aber du wusstest, dass der nicht immer so funktioniert, wie du willst.«

Ich seufzte. »Du kannst auch nie ernst sein.«

»Ich vermeide es, wo ich kann.«

»Unmöglich.«

Seine Hand umfasst meine Wange, streichelt über sie. »Wenn du alles machen könntest, was du wolltest, was wäre es dann?«

»Keine Ahnung. Jemand, der nie zu träumen gewagt hat, ist nicht gut darin.«

»Dann sag ich dir ein paar Dinge.«

»Da bin ich aber gespannt.«

»Da du dich weigerst, ein Cowgirl zu werden, brauchst du was, was aufregend ist. Du brauchst Herausforderungen. Ich hab mich dich ja immer als Lara Croft vorgestellt. Vielleicht musst du das sein?«

»Angelina Jolie?«

»Nein, Schatzjägerin.«

Ich schnaubte ungläubig. »Dein Ernst? Erinnerst du dich vielleicht was das Problem mit Dad und Tyler war?«

»Ups. Okay, streichen wir Lara Croft.«

»Spinner.« Aber dann stutzte ich. »Vielleicht nicht Lara, sondern ihr Bodyguard  …«

Er nickte. »Kannst du dir vorstellen, in dem Bereich zu bleiben?«

»Irgendwie schon. Vor allem wäre es ein bisschen dämlich, all meine Ausbildung wegzuwerfen.«

»Was ist mir einer Agency?«

Ich blickte ihn an. »Secret Service, meinst du?«

»Zum Beispiel.«

»Den Präsidenten zu beschützen, wäre schon cool.«

Ryan grinste. »Ich würd überall mit dir angeben.«

»Wenn ich so drüber nachdenke, hat mir Personenschutz am meisten Spaß gemacht«, murmelte ich überrascht.

»Politiker?«

»Meinetwegen auch Taylor Swift.«

»Da würd ich noch mehr mit dir angeben.«

Ich beugte mich vor, tippte mir gegen die Lippen. »Wärst du böse, wenn ich nicht mehr bei dir arbeiten würde?«

»Ich hab dich gerade gefeuert, vergessen?«

»Nicht für bare Münze genommen.«

»Empörend!«

Ich starrte ihn an. »Meinst du, das klappt? Meine eigene Bodyguardfirma?«

»Klar. Ich könnte dein erster Kunde sein.«

»Niemand bedroht dich.«

»Weißt du gar nicht. Ich hab gehört, dass es das nächste große Ding ist, Buchhalter zu entführen.«

»Du bist kein Buchhalter.«

Grinsend nickte er. »Im Grunde schon, ich bekomm nur mehr Geld.«

»Kennst du niemanden Prominenten?«

»Taylor Swift leider nicht.«

»Und sonst? Ich mein, ich könnte bestimmt ein paar unserer alten Kunden akquirieren. Es sei denn, sie sind jetzt alle bei Global Security, dann kann ich das natürlich nicht. Nachdem sie so fair gewesen sind, fände ich es schlecht, wenn ich es nicht wäre.«

»Was ist hier los?«, fragte mein Bruder plötzlich neben uns.

Ich liebte, dass er unser Nachbar war, auch wenn es mir Herzinfarkte bereitete, wenn er plötzlich wie ein Springteufel neben mir auftauchte.

»Wir planen Haydens Leben«, berichtete Ryan.

Er sah mich neugierig an, als er sich zu mir setzte. »Willst du was ändern?«

»Ich wurde gefeuert.«

Derek sah Ryan überrascht an. »Du feuerst deine Frau?«

»Hey, ja, nur, damit sie badass Sachen machen kann, die sie glücklich machen.«

Seit mehr als zwei Jahren war mein Bruder jetzt clean und hatte diese Zeit damit verbracht, sich ein Haus zu bauen, weswegen er mittlerweile nicht mehr der Strich in der Landschaft war, zu dem er damals geworden war, sondern man erkannte wieder den Kämpfer, der in ihm steckte. Als er Ryan jetzt einen bösen Blick schenkte, sah ich meinen Mann zurückweichen. Kluger Mann.

Derek beugte sich vor, sah mich an. »Was hast du vor?«

»Vielleicht in den Personenschutz gehen.«

Er nickte langsam. »Könnte ich mir auch vorstellen.«

Ich riss die Augen auf. »Wirklich? Meinst du, das ist … ich mein, denkst du, du …« Ich brach ab, wusste nicht, wie ich formulieren sollte, was ich wissen wollte, ohne ihm zu nahe zu treten.

»Ob ich das verpacke?« Ich nickte zögernd. »Es war nie der Personenschutz, der mich gestresst hat. Es waren die unnützen Tote, die schlimmen Dinge, die ich gesehen hab.«

»Die kannst du dabei auch sehen«, gab ich zu bedenken.

»Nicht so.« Der Ausdruck in seinen Augen war gequält. »Außerdem wäre es eine gute Idee, mal wieder für mein eigenes Leben aufzukommen und nicht von der Großzügigkeit meines Schwagers abhängig zu sein.«

Ryan winkte ab. »Ich bin nicht großzügig, sondern egoistisch. Ich mag es, euch alle hier zu haben.« Kristen war auch auf die Ranch gezogen. Anders als Derek hatte sie sich ihr Traumhaus bauen lassen, inklusive dem besten Glasfasernetzes, das man für Geld kaufen konnte.

»Das behauptest du immer, aber ich hab da so meine Zweifel.«

»Ich auch«, stimmte ich meinem Bruder zu. »Er ist einfach ein Softie.«

Derek lachte auf. »Das ist er. Aber … keine Ahnung, ob du das willst …«

»Mit dir zusammenarbeiten? Jederzeit«, beeilte ich mich zu sagen, als ich die Unsicherheit in seiner Stimme hörte.

Erleichterung erhellte sein Gesicht. »Wirklich?«

Ich nickte. »Es gibt niemandem, dem ich mehr vertrauen würde, meinen Rücken zu sichern.«

Derek schluckte, und Ryan zeigte auf ihn. »Er ist auch ein Softie.«

Mein Bruder warf ihm ein Kissen an den Kopf, während ich heftig nickte. »Stellt sich heraus, die Frauen in dieser Familie sind die wahren Badasses.«

»Keine Ahnung, worum es geht, aber da stimme ich zu.« Kristen ließ sich neben mich fallen, ein Eis in der Hand.

»Hey, wo ist meins?«, fragte ich empört.

»Sorry, ich wusste nicht, ob du wirklich ein Fruchteis haben willst, nachdem du mich seit zwei Jahren für meinen Geschmack disst.« Sie streckte mir die Zunge heraus.

»Dabei geht es doch um Eiscreme. Nicht um ein Eis am Stiel«, versuchte ich mich herauszureden. Aber es stimmte. Ich zog sie damit auf, dass sie keinen Geschmack hatte.

»Ja ja, als würde ich dir das noch abkaufen.«

»Unmöglich. Alle zusammen.« Aber es gab nichts Besseres für mich. Ich liebte meine chaotische, verrückte und einfach grandiose Familie. Ich blickte zu Ryan, der irgendwie der Mittelpunkt war. Er hatte uns alle zusammengebracht. Ohne ihn und Kristen wäre es wahrscheinlich zwischen Derek und mir nicht so, wie es jetzt ist.

Und ohne ihn hätte ich auch nie zu träumen gewagt.

Ich blickte Derek an. »Wagen wir es?«

»Die Geschwister Pierce sind zurück.« Er reichte mir die Hand. Und ich schlug ein.

Ryan grinste. »Sie heißt Barrett, nur zur Info. Aber das schreit nach Champagner.«

»Worum geht es?«, rief Kristen aufgeregt.

»Das wüsstest du gern. Aber kein Eis, keine Informationen.«

»Du bist so gemein!«

Ryan kam mit Gläsern und Champagner wieder, reichte jedem eines. »Auf die Geschwister Barrett und Pierce.«

»Pierce und Barrett«, korrigierte Derek.

»Sorry, Kumpel. Drei Barretts gegen einen Pierce.« Ryan grinste seinen Schwager an.

»Unfair!«

Aber dann stießen wir an. Auf uns. Auf das Leben. Auf all das Glück, das wir uns holen wollten.

Ryan küsste mich auf die Lippen. »Auf dich«, murmelte er. »Auf deinen ersten Tag als Arbeitslose.«

Ich verdrehte die Augen, musste aber grinsen. Das schaffte er immer. Mich zum Lachen zu bringen. Und es gab nichts Besseres.