Bonusszene She flies
Manchmal befürchte ich, dass ich träume und dass ich bald aufwache und all das Gute, das mir im letzten Jahr widerfahren ist, plötzlich verschwindet. Puff. Und dann bin ich wieder in meinem miserablen Leben. Okay, so miserabel war es gar nicht. Ich hatte Sam und Josh, hatte das Tanzen und Pedro. Aber irgendwas hat immer gefehlt.
Ich weiß, ich weiß. Niemand kann einen glücklich machen, wenn man es nicht auch alleine ist. Bla, bla, bla. Und vielleicht stimmt es, aber es sind ja nicht nur Tom, Matt und Will, die jetzt einen Platz in meinem Leben haben, sondern auch ihre Familien, meine Familie jetzt. Und dazu kommt noch mein eigenes Unternehmen, was mehr ist, als ich mir je zu erhoffen gewagt habe.
Auch, wenn ich Wills ständige Einmischung ertragen muss … Dieser Kerl kann mich nicht mal für fünf Minuten was alleine machen lassen.
Das Telefon klingelt. Und dreimal dürft ihr raten, wer es ist.
„Was willst du jetzt schon wieder?“, melde ich mich.
„Wenn du so fragst, einen Blowjob.“ Seine Stimme enthält diese Mischung, gegen die ich machtlos bin. Arroganz und Humor. Eine echt fiese Mischung. Erst seit Will King weiß ich, wie sexy Arroganz sein kann. Auch, wenn er mich regelmäßig zur Weißglut treibt.
„Ich hab keine Zeit.“
„Was machst du denn gerade?“
„Arbeiten.“
Die Tür wird aufgerissen. „Und dabei hast du die Füße auf dem Tisch?“
Ich verdrehe die Augen und lege den Hörer auf. „Was machst du hier?“
Er grinst mich mit diesem All-American-Boy-Lächeln an, dem ich ebenfalls nicht widerstehen kann. Okay, machen wir es kurz. Ich kann ihm nicht widerstehen. Und das wird noch mal mein Untergang sein.
Matt ist ein schmusiger Teddybär, auch wenn er wie ein MMA-Fighter aussieht. Tom ist witzig und lieb. Aber Will weiß nicht mal, wie man das Wort lieb buchstabiert.
„Ich wollte meine Frau besuchen.“
„Nein, jetzt wirklich.“
Er lacht, bevor er mit diesem Gang voller Selbstbewusstsein auf mich zukommt. Seine Augen brennen, und ich weiß jetzt schon, dass er nichts Gutes im Schilde führt. Er greift an meinen Drehstuhl, zieht ihn zur Seite, sodass meine Füße vom Schreibtisch fallen. Bevor ich protestieren kann, kniet er sich vor mich hin.
Ich korrigiere. Offenbar führt er etwas sehr Gutes im Schilde. Er umfasst meine Oberschenkel, schiebt meinen Rock nach oben. Ich helfe ein wenig mit, weil ich auf einmal doch ganz froh bin, dass er da ist. Wer hätte das gedacht?
Er grinst überheblich, als wüsste er genau, was ich brauche. Na ja, vielleicht hat er da auch recht. Ich muss sagen, es hat auf jeden Fall sein Gutes drei Ehemänner zu haben. Denn untervögelt bin ich weiß Gott nicht.
„Na los“, hauche ich.
„So ungeduldig.“
„Quatsch keine Opern.“
Er hebt meinen Oberschenkel an, legt ihn sich über die Schulter, öffnet mich dadurch. Sein Atem streicht über meine nackte Haut. „Also, ich würd ja netter zu dem Mann sein, der seine Zunge gleich in meine Muschi steckt.“
Meine Finger klammern sich um die Armlehnen, während ich weiter nach unten rutsche, um ihm einen besseren Zugang zu geben.
„O Gott.“
„Das klingt schon besser. Aber weißt du, was ich noch lieber hören will?“
Er pustet gegen mein Höschen, das schon viel zu feucht ist. Ich stöhne leise auf.
„Ganz genau“, murmelt er, bevor er wieder pustet.
Ich erzittere und Laute kommen aus meinem Mund, die man nur als rollig bezeichnen kann. Ich bin auch echt nicht stolz drauf. Aber Will weiß einfach, wie er mich quälen kann.
Mit einem Grinsen, das nur so vor männlichen Stolz trieft, schiebt er den Stoff zur Seite und dringt mit einem Finger in mich ein.
„Man könnte meinen, dass du schon vor meinem Anruf an mich gedacht hast.“
Ich würde gerne mit einem frechen Spruch antworten, aber meine Gehirnzellen sind nicht mehr vorhanden. Puff. Einfach weg. Es ist schon fast pathetisch. Wenn es nicht auch gleichzeitig so gut wäre. Sexuelle Befriedigung sorgt für ein gutes Leben.
Ein zweiter Finger gesellt sich zum ersten und endlich, endlich, endlich! Sein Mund senkt sich und er beginnt meine Klit zu umspielen. Genau so, wie ich es mag. Nicht direkt über sie lecken, sondern drum herum, saugen, ein wenig Druck aufbauen, damit es so wunderbar kribbelt. Gleichzeitig von innen massieren, um mir Genuss zu schenken. Denn für all seine Arroganz und seine Großmäuligkeit ist er doch ein großzügiger Liebhaber, der meine Ekstase als größten Triumph ansieht.
Ich bin schon ein Glücksschweinchen. Nicht?
Er zieht seine Finger aus mir, aber bevor ich protestieren kann, ist sein Mund da. Seine Zunge taucht in mich ein, simuliert, was er nur allzu gerne mit seinem Schwanz macht.
„O Gott!“
Ich zerspringe gleich. Normalerweise bin ich ganz schön laut im Bett, da aber meine Sekretärin nur durch eine Tür von uns getrennt ist, bemühe ich mich, nicht zu schreien. Aber es ist nicht einfach. Vielleicht sollte ich doch mal über Schallschutz nachdenken …
„Will“, keuche ich, während ich den Kopf in den Nacken lege, meine Augen sich verdrehen und meine Zehen sich kräuseln. Ich bin gleich so weit.
Er spürt es und er ist mal kein Arsch, denn sein Daumen findet meine Klit und drückt genau an die Stelle, die mich über den Abhang springen lässt. O Gott. O Gott. O Gott. Ich lasse mich zum Höhepunkt tragen, beiße mir auf die Lippen, will nicht schreien, auch, wenn alles in mir danach ruft.
Und dann explodiere ich. Wirklich. Es würde mich nicht wundern, wenn Thea-Konfetti um uns auf den Boden fallen würde. Nicht falsch verstehen, ich bin froh, dass es nicht so ist. Aber wundern würde es mich auch nicht.
Natürlich schaut er mich wieder so an, als wäre er Gottes Geschenk an die Frauen.
Und ehrlich … So ist es auch. Aber teilen werde ich deswegen noch lange nicht.
Er zieht mich auf seinen Schoss, nimmt mich in die Arme. Ich atme seinen Geruch ein. Frische Wäsche, Kaffee und ganz viel Will. Auch, wenn ich nach einem Orgasmus immer ganz erschöpft bin, schließe ich meine Arme um ihn.
„Ich liebe dich“, murmelt er gegen meinen Kopf. Er lehnt seine Wange gegen mich. Ich kann es nicht sehen, aber ich weiß, dass er die Augen geschlossen hat. Denn manchmal ist er doch ein Romantiker. Aber nicht weitersagen. Schließlich hat er einen Ruf zu verlieren.
Als ich abends in meinem kleinen Mini nach Hause fahre, rufe ich meine beste Freundin Sam an. Obwohl … Darf ich sie eigentlich noch meine beste Freundin nennen, wenn ich eigentlich mehr als eine habe? Wortwörtlich bedeutet es ja, dass es nur eine geben kann. Aber wir nehmen es nicht so genau. Okay? Okay.
„Was willst du?“, fragt sie in einer Art und Weise, die man nur als Befehlston bezeichnen kann.
„Ich wusste nicht, dass es so eine Belästigung für dich ist, mit mir zu telefonieren.“
Sie lacht und sie hat so eine Art Lachen, bei dem man einfach mitlachen muss. Es ist ansteckend wie Ebola oder so. Okay, vielleicht hinkt der Vergleich, aber ich hab ihn ja auch nur in meinem Kopf ausgesprochen. Niemand weiß, was da vorgeht. Manchmal nicht mal ich.
„Du bist mein Lieblingsmensch.“
„Awww, ich wusste gar nicht, dass du Gefühle hast.“
„Ein oder zwei.“
„Für mich und?“
„Also, wenn du es wirklich wissen musst …“
„Unbedingt!“
„Ich war letzte Woche auf einer Geschäftsreise und neben mir im Flieger saß ein Fusionsanwalt.“
„Und dann habt ihr fusioniert …“
„Nicht im Flieger. Dem Mile-High-Club kann man nur in einem Privatjet beitreten, alles andere ist Zirkus, aber kein Sex.“
„Du beeindruckst mich immer mit deinem Wissen.“
„Ich teil es gerne mit dir langweiligen Ehefrau.“
Ich lach auf, denn eine polyamore Beziehung ist alles, aber ganz sicher nicht Mainstream. Oder? O mein Gott. Ist Polyamorie mittlerweile Mainstream?
„Bist du noch dran?“
Ich befreie mich aus meinen Gedanken. „Klar.“
„Jedenfalls haben wir später im Hotel … wie nanntest du es? Fusioniert.“
„Wieso wundert mich das gar nicht?“
„Weil du weißt, dass ich Sex mag.“
„Ach ja, da war was.“
„Sehr witzig.“
„Und dann?“
Ich seh vor mir, wie sie mit den Schultern zuckt. „Der Sex war so fantastisch, dass er mit nach San Francisco geflogen ist und jetzt liegt er seit drei Tagen in meinem Bett.“
Nur Sam. So was passiert nur Sam. „Und du so?“
„Ich lieg daneben.“
„Und die Arbeit?“
„Hey, so viel Sex ist auf jeden Fall Arbeit.“
„Deine Arbeit, du Keks.“
Sie lacht. „Ich hab mich krankgemeldet.“
Ich reiße schockiert die Augen auf. Sam ist noch ein schlimmerer Workaholic als ich. Schlimmer als Will, ach was, schlimmer als Matt. Obwohl … Matt kann ich einfach nicht als schlimmer als Will bezeichnen, in keiner Weise. Er ist doch so süß.
„Du … hast … was?“
Wieder erklingt ihr Lachen, und ganz gegen meinen Willen verzieht sich mein Mund zu einem Lächeln. „Na ja, es ist eben wirklich spektakulärer Sex.“
„Aber das kenn ich trotzdem nicht von dir.“
„Ich weiß, aber wenn man immer nur das Gleiche macht, kann man auch nur die gleichen Ergebnisse bekommen. Ich dachte mir, mach mal was anderes.“
„Das stimmt natürlich, aber ich wusste nicht, dass du mit deinem Leben nicht zufrieden bist.“
„Doch, bin ich. Ich liebe meine Arbeit. Womit ich nicht zufrieden bin, ist mein Liebesleben.“
„Jede Woche ein anderer Typ reicht dir nicht?“
„Nein.“
„Du brauchst jede Woche zwei?“
„Nein.“
„Drei?“
„Mach dich ruhig lustig. Aber ich will mich verlieben. In einen Mann. Oder meinetwegen zwei, aber ich will eine richtige, echte Beziehung.“
Und ich? Sprachlos. Das ist es, was ich bin. Na ja, nicht ganz. „Wer bist du und was hast du mit meiner besten Freundin gemacht?“
„Ich mein es ernst. Ich sehne mich nach einer festen Beziehung.“
„Das ist … das ist Blasphemie!“
Ihr Lachen klingt nicht so vergnügt wie sonst. Ich sollte aufhören, mich lustig zu machen. Ich hab schließlich auch nicht gedacht, dass ich mal in einer festen Beziehung landen würde. Noch dazu mit drei Männern. Und trotzdem ist das genau das Richtige für mich.
„Ich weiß. Hättest du mir das vor ein paar Monaten gesagt, hätte ich dich für verrückt gehalten. Aber … ach, keine Ahnung. Es fühlt sich alles so bla an. Alles ist so bla. Ich fand es immer aufregend mit immer neuen Typen ins Bett zu gehen, weil es eben neu war und aufregend. Jetzt fühlt es sich immer nur ungelenk an. Ich stell mir vor … wissen kann ich es natürlich nicht, weil ich es nie erlebt habe … aber ich stell mir vor, dass es so befreiend ist, den Bauch beim Sex nicht einziehen zu müssen.“
Ich grinse bei ihren Worten. Ich weiß nur zu gut, was sie meint. Früher habe ich mein Bäuchlein auch öfter mal eingezogen, um mich dünner zu machen, als ich bin. Aber meinen Bad Boys gefallen meine Kurven, meine Kilos, einfach alles an mir. Und es stimmt. Wenn man sich nicht darauf konzentrieren muss, wie man aussieht, dann wird der Sex einfach besser.
„Wenn jemand keinen Bauch hat, dann du. Dein Sixpack macht mich krank.“
„Momentan hab ich eher ein Food-Baby.“
„Gott sei Dank. Ich dachte schon, du bist ein Alien. Aber ja, der Sex ist so viel besser, wenn man den Bauch nicht einziehen muss. Ich versteh dich. Ich wusste nicht, dass es dir so geht, aber ich verstehe es. Mir geht es auch so. Bedeutungsloser Sex ist auch toll, aber besser ist es, wenn man Gefühle dabei hat.“
„Ach, gib es doch zu. Besser ist es, wenn einem drei Bad-Boy-Götter zu Füßen liegen.“
„Touché.“
„Ich will das auch, Thea. Klar, man verliebt sich nicht in jeden, aber man kann ja anders an die ganze Sache rangehen.“
„Und der Fusionsanwalt ist was anderes?“
„Ich denke schon. Bleibt abzuwarten, aber ich denke schon.“
„Ich freue mich für dich. Wirklich. Sehr.“
„Danke.“
„Dann geh zurück ins Bett und finde heraus, ob da noch was anderes ist als Sex.“
„Was anderes?“
Ich lache auf. „Bei einer Beziehung geht es nicht nur ums Vögeln. Da gibt es noch so viel mehr. Gespräche, Gefühle, Vertrauen …“
„Scheint, ich hätte viel zu lernen.“
„Aber du warst ja schon immer ein Streber.“
„Das ist wahr. Ich werde Klassenbeste sein.“
„Da habe ich keinerlei Zweifel.“
Erst vor einer Woche sind wir in unser Haus eingezogen. Das Haus, das Tom für uns gebaut hat. Als ich in die Auffahrt einbiege und dieses Wunderwerk moderner Architekturkunst vor mir auftaucht, verschlägt es mir wie immer den Atem. Es ist ein Traum, ein Traumhaus. Ich hab mich schon verliebt, als ich die Pläne gesehen habe, aber jetzt … Ich kann es gar nicht fassen, wie viel Glück ich habe. Viel zu viel für eine einzige Person.
Der Himmel verdunkelt sich langsam, und die hell erleuchteten Fenster geben mir das Gefühl von Wärme und Wohligkeit. Dinge, die man in San Francisco mehr als gebrauchen kann. Schließlich hat schon Mark Twain gesagt: „Der kälteste Winter, den ich je erlebt habe, war ein Sommer in San Francisco.“ Und was soll ich sagen? Ich muss zustimmen. Man sollte immer einen Pullover dabeihaben, sonst ist man aufgeschmissen.
Ich parke direkt vor dem Eingang. Toms Wagen steht an der Seite, hat mir den Platz freigelassen. Süß. Sag ich doch.
Als ich die Tür aufschließe, kommen mir Essensgerüche entgegen. Ich lasse meine Tasche und meine Jacke auf die Couch fallen und gehe in die Küche. Tom steht am Herd und rührt in verschiedenen Töpfen. Er hat Musik an, daher hört er mich nicht. Ich trete hinter ihn und schlinge die Arme um ihn. Er zuckt auch fast gar nicht zusammen. Seine freie Hand legt sich auf meine. Ich lehne meine Wange gegen seinen Rücken, atme seinen Geruch ein. Zu Hause. So riecht er.
„Hey, Thea-Baby“, murmelt er, während ich mich enger an ihn drücke.
Er dreht sich um, nimmt mein Gesicht in die Hände, schaut mir lächelnd in die Augen. Tom lächelt nicht nur mit dem Mund, sondern auch mit den Augen und irgendwie auch mit dem ganzen Gesicht. Es ist immer so eine pure Freude, die mich so glücklich macht.
Und dann sein Kuss …
O Gott.
Nicht nur Sex ist so viel besser mit Gefühl, auch Küssen. Und Tom küsst mit seinem ganzen Körper. Nicht nur mit den Lippen, nein, er presst mich gegen die Kücheninsel, schiebt ein Bein zwischen meine, zieht mich so nah an sich, dass man nicht mehr erkennen kann, wo ich aufhöre und er beginnt. Und diese Küsse … Immer und immer wieder schmecken sie nach mehr.
Und auch, wenn Will mir bereits einen unglaublichen Orgasmus geschenkt hat, hätte ich absolut nichts dagegen, hier direkt auf der Insel gevögelt zu werden. Weswegen ich meine Hände unter sein Shirt schiebe.
Er grinst, bevor seine Hände meinen Rücken hinunterwandern, meinen Hintern umschließen und mich hochheben. Mit einem leisen Keuchen quittiere ich, als er mich auf der Kante absetzt und mir eine Hand zwischen die Beine schiebt. Ich öffne sie weiter, was er mit einem zustimmenden Murmeln bedenkt, bevor er seinen Gürtel öffnet, seine Jeans nach unten schiebt und in mich eindringt. Von Null auf Ständer in drei Sekunden. Beeindruckend. Aber dann vergesse ich alles. Seine Hände umfassen meinen Hintern, ziehen mich hart gegen seinen Schwanz. Meine Hände umfassen sein Gesicht. Unsere Münder sind nur Zentimeter voneinander entfernt, wir atmen die gleiche Luft, meine Lippen werden durch seinen Atem befeuchtet. Und dann stößt er schneller in mich. Und schneller. Unser Atmen verwandelt sich in Keuchen, durchbrochen von Stöhnen. Dann knurrt er auf einmal, und ehe ich es mich versehe, hat er mich runtergezogen, umgedreht, meinen Oberkörper fest auf die Platte gedrückt und steckt schon wieder in mir, bevor ich überhaupt weiß, wie mir geschieht. Er greift nach meinen Handgelenken, dreht sie mir auf den Rücken, hält sie fest und vergräbt sich immer und immer wieder in mir. Tief. Hart. Schnell.
Plötzlich sind seine Hände verschwunden. „Bleib so“, knurrt er hinter mir. Ich höre, wie er seinen Gürtel aus den Schlaufen zieht und spüre dann, wie er mir das Leder um die Gelenke legt. Stramm. Tom ist nicht zimperlich, wenn es darum geht, mich zu fesseln. Und ich würde es auch nicht anders haben wollen. Dann vergraben sich seine Finger in meinen Haaren, bevor er mich hochzieht. Die andere Hand legt sich an meine Kehle, nicht fest, nur unmissverständlich.
„Tom“, stöhne ich. „Bitte.“
Ich weiß selber nicht, worum ich bitte, aber er weiß es. Denn seine Hand wandert über mein Dekolleté, schiebt sich in meinen Ausschnitt, befreit meine Brüste aus dem BH und knetet sie, während er tief in mich stößt. So tief, wie ich es mag. Sein Rhythmus wird hektischer, je näher er seinem Orgasmus kommt. Er kneift mir in den Nippel, bevor er mich näher an sich zieht, seine Zunge an meinem Ohr. Meine Ohren sind eindeutig eine erogene Zone, denn sobald ich seinen Atem spüre, komme ich. Und er folgt mir sofort.
Vielleicht bin ich ein bisschen ekelig, aber ich liebe es, seinen Samen in mir zu haben, liebe es, wenn er langsam meine Oberschenkel benetzt. Wie gesagt, ekelig, aber es turnt mich so an, später noch zu spüren, wo er war.
Sanft legt er meinen Oberkörper zurück auf die Platte, löst meine Fesseln. Dann dreht er mich zu sich um, schließt mich in die Arme. Meine Knie sind Gelee, daher bin ich so froh, dass er mich hält.
„Ich liebe dich, Thea, meine Thea.“
Ich lächel, als ich diese Worte höre. Sie sind mein liebster Kosename.
Er schnuppert. „Ich befürchte, das Curry ist angebrannt.“ Er will sich lösen und retten, was zu retten ist, aber ich halte ihn fest, will diesen Moment nicht vergehen lassen.
„Wir bestellen was.“
„Na gut.“ Und dann nimmt er mich fester in die Arme, so, als wollte er mich nie wieder loslassen. Und das wünsche ich mir auch. Für immer in seinen Armen.
Nach einer Weile hebt er mich hoch, dreht den Herd ab, bevor er ins Wohnzimmer geht und sich auf die Couch setzt. Ich schmiege mich an ihn, genieße seine Wärme, das wohlige Gefühl, das er mir gibt, die Hoffnung auf eine wunderbare Zukunft.
Es ist perfekt. Na gut, fast. Es wäre nur noch dadurch zu toppen, dass Matt ebenfalls hier wäre. Und die alte Nervensäge ebenfalls. Seien wir ehrlich. Ich liebe sie alle drei so sehr, dass mein Herz zu zerspringen droht. So viel Liebe habe ich eindeutig nicht verdient, aber ich wäre bescheuert, wenn ich sie mir entgehen lassen würde.
Will findet uns eine Stunde später immer noch da. Er setzt sich neben uns und zieht meine Füße auf seinen Schoß. „Alter, wenn du sie immer so verwöhnst, wird sie nervig.“
Tom lacht, während ich nach Will trete, der mich angrinst. „Was gibt’s zu essen?“
„Bestellen wir was?“
Dieses unverschämte Grinsen stiehlt sich wieder auf sein Gesicht. „Verstehe. Zu viel Ficken versaut das Essen.“
„So kann man es auch ausdrücken, auch, wenn das ein bisschen ekelig klingt“, meint Tom.
„Thea kann vielleicht nur von Luft und Sperma leben, aber ich nicht.“
Wieder trete ich nach ihm. „Du bist so blöd.“
„Hey, einer muss es ja sein.“
Ich lach auf. „Wenigstens bringst du mich zum Lachen.“
Er steht auf, streichelt über meine Haare, bevor er zu der Schublade geht, in der die ganzen Essensflyer sind. „Vergiss nicht, dass ich dich auch zum Stöhnen bringe, zum Schreien. Und mein Liebling: zum Betteln.“
„Falls sie dich irgendwann umbringt, würde mich das nicht wundern“, scherzt Tom.
Will lacht einfach nur.
Ich höre das Vibrieren meines Handys, will aber nicht aufstehen. „Will, mein Handy.“
Er schüttelt zwar den Kopf, geht aber dennoch zur anderen Couch und holt es aus meiner Handtasche. Er checkt das Display, bevor er es mir reicht. „Matt vermisst dich.“
Ich verdrehe die Augen, weil er sich nicht einmal die Mühe macht, zu verbergen, dass er neugierig ist. Und dennoch weiß ich, dass er niemals mein Vertrauen missbrauchen würde. Keiner von ihnen würde jemals mein Handy ausspionieren, mit Ausnahme der Tracking-App. Aber die haben sie ja auch installiert, sodass ich mir auch keine Sorgen machen muss.
Ich öffne unseren Chat und tippe: „Ich vermisse dich noch viel mehr. Wann kommst du nach Hause?“
„Thai oder Chinesisch?“, fragt Will.
„Thai“, sage ich.
„Indisch“, sagt Tom.
Will lacht. „Nicht schon wieder indisch.“
„Wieso denn nicht? Nur, weil du keine Schärfe abkannst?“
„Hey, ich kann Schärfe sehr wohl ab. Schau dir Thea an.“
Manchmal ist er so kitschig, dass man nur lachen kann. „Du bist so ein Spinner.“
„Da will ich einmal nett sein.“
„Ist halt so ungewöhnlich“, gebe ich zurück.
Mein Handy vibriert erneut. „Zwei Kellner sind nicht gekommen, daher muss ich einspringen.“
„Oh nein. Brauchst du Hilfe?“
„Was ist?“, fragt Tom.
„Zwei Kellner haben abgesagt.“
„Das heißt, er kommt nicht?“, fragt Will.
Ich schüttele den Kopf.
„Was haltet ihr von Burgern im Juicy’s?“, fragt er dann.
„Wirklich?“, frage ich eifrig. Das sollte Matts erster freier Abend in dieser Woche sein. Ich hab das Gefühl, dass ich ihn gar nicht mehr sehe.
„Ich kann es nicht mit ansehen, wenn du traurig bist.“
Vielleicht muss ich meine Meinung zu Will überdenken. Er ist auch süß. Wenn er will.
Ich springe auf und ziehe meine Jacke an.
„Sollte uns das zu denken geben?“, fragt Tom scherzend.
Will zuckt mit den Schultern. „Ich hab schon immer befürchtet, dass sie den Teddy am liebsten mag.“
„Vielleicht, vielleicht auch nicht“, gebe ich zurück.
„Zicke.“
Er legt mir den Arm um die Schulter, zieht mich an sich und küsst meinen Scheitel. Ich weiß, dass sie nur scherzen, denn es gibt keinen Zweifel, dass ich vollkommen verrückt nach ihnen allen bin.
Wir schlängeln uns durch die Menschenmassen zur Theke. Ich bin so froh, dass Matt seine wahre Berufung gefunden hat. Klar, es ist immer ein wenig gruselig, wenn man mitten im Leben noch mal einen neuen Weg einschlägt. Schließlich weiß man nicht, was daraus wird, aber glücklich zu sein, toppt einfach alles. Und er ist glücklich hier. Er steht hinter der Bar, scherzt mit den Gästen. Okay, er flirtet auch ein bisschen, aber das ist okay. Solange ich weiß, dass er zu mir nach Hause kommt, kann ich damit leben. Es gehört irgendwie dazu und es ist harmlos.
Sobald sein Blick mich findet, vergisst er aber jeden um sich herum.
Will schubst mich in Richtung Bar. „Wir suchen einen Tisch. Geh zu deinem Liebling.“
Ich laufe zu Matt, und sein Blick liegt nur auf mir und zieht mich magisch an. Als wäre da so ein unsichtbarer Faden, der uns verbindet. Ich hoffe, das wird niemals aufhören. Er kommt an den Rand der Theke. Sein Lächeln haut mich aus den Socken. Er ist so groß und muskulös, dass man irgendwie immer annimmt, dass er grimmig sein müsste. Wie so ein Rausschmeißer. Aber dann lächelt er und die Sonne geht auf. Matt war damals der Erste. Er hatte gegen Will und Tom gewonnen und durfte mich als Erstes anmachen. Und sie pokern heute immer noch um Dinge. Oder Stein, Papier, Schere, wenn sie eine schnelle Lösung brauchen. Jungs werden zwölf und dann wachsen sie nur noch. Wirklich. Ist so.
„Das ist die beste Überraschung, die ich je bekommen habe“, murmelt er in mein Ohr, als er mich an sich zieht.
„Wirklich?“ Ich kralle meine Finger in sein T-Shirt, ziehe ihn näher. Und näher. Und noch ein klein bisschen näher.
Er drückt mir einen Kuss auf die Wange, bevor er sein Gesicht an meinem Hals vergräbt, wofür er mich auf die Zehenspitzen zieht. „Ich liebe dich so sehr, Babe.“
„Meinst du, es ist eine gute Idee, wenn du all deinen weiblichen Gästen gerade das Herz brichst? Ich höre das Scheppern.“
Sein brummiges Lachen dringt an mein Ohr. „Andere Frauen interessieren mich einen Scheißdreck.“
„Du bist echt kein guter Geschäftsmann.“
„Reicht mir, wenn ich ein guter Ehemann bin.“
Und bei diesen Worten schmilzt mein Herz. Matty, mein Teddybär, weiß, wie er mich um den verdammten Finger wickeln kann. Gemein.
„Also nach diesen Worten muss ich dich leider nach hinten zerren.“
„Ich komm freiwillig.“ Er dreht sich zu seinem Mitarbeiter. „Greg, ich bin mal eben hinten.“
Greg nickt ihm zu, bevor er drei Flaschen Bier über die Theke schiebt. Matt greift nach meiner Hand, verflicht unsere Finger und zieht mich zu seinem Büro. Hier hatten wir beinahe so oft Sex wie in unserer ehemaligen Wohnung, weil Matt ein Workaholic ist und ich ihn manchmal nur dann sehe, wenn ich ihn hier besuche.
Kaum sind wir durch die Tür, zieht mich Matt in die Arme, um mich zu küssen. Hab ich schon erwähnt, dass ich auf Küssen stehe? Es gibt kaum was Besseres. Und es ist deswegen so gut, weil es so intim ist. Okay, beim Sex steckt er in mir, aber beim Küssen offenbart er sein Innerstes.
„Ich hab nicht viel Zeit“, sagt er, als er sich löst. „Draußen ist die Hölle los.“ Und dabei drückt er mich vor sich auf die Knie.
Ich weiß gar nicht, wann wir das letzte Mal Sex hatten. Wenn er sich heute das wünscht, dann bekommt er es von mir auch. Und Matts Schwanz ist so großartig, dass ich mir schlimmeres vorstellen könnte, als ihn in den Mund zu nehmen.
Ich drücke einen Kuss auf seinen Schritt, bevor ich nach seinem Gürtel greife, ihn öffne und dann den obersten Knopf aufmache. Normalerweise würde ich ihn necken und quälen und alles in die Länge ziehen, aber sein Schwanz sprengt beinahe schon den Stoff der Hose. Quälen ist da keine Option. Und der Zeitdruck verhindert es ebenfalls, dass ich mit ihm spiele.
„Dieses Mal ohne Verzögerung“, sage ich, als ich ihm in die Augen sehe, und die anderen Knöpfe öffne. „Aber ich muss mal wieder intervenieren. Wir müssen bald wieder in einem Bett … ficken.“ Dabei grinse ich ihn an.
Er schüttelt den Kopf. „Du und dein schmutziger Mund.“
„Du liebst meinen schmutzigen Mund.“
„Ich liebe deinen Mund, wenn mein Schwanz drin steckt.“
„Matty …“
„Ja, ich verspreche, dass ich bald wieder mehr Zeit habe.“
Ich hole seinen Schwanz aus den Briefs. Steinhart. Der arme Kerl braucht es wirklich. Also habe ich Erbarmen und nehme ihn in den Mund. Ohne Umschweife, ohne Necken, ohne Spielen. Und sein Stöhnen, als meine Zunge auf seine Länge trifft, ist so erleichtert, dass ich ein ganz schlechtes Gewissen bekomme, weil mein Mann keinen Sex bekommt, während ich mich nicht beschweren kann. Verdammt.
Bevor ich weiter darüber nachdenken kann, fasst Matt mir in die Haare und stößt tief in meine Kehle. Ich würge leicht, weil ich so überrascht war, dass ich vergessen habe, zu schlucken.
„Tiefer, Babe“, stöhnt er, bevor er wieder in mich stößt. Und wieder.
Ich lege meine Hände auf seinen Hintern, presse mich an ihn, nehme mehr in meinen Mund auf, aber das scheint ihm nicht zu reichen. Immer tiefer und tiefer will er, immer schneller und schneller fickt er meinen Mund. Ich versuche nicht mehr, es irgendwie zu kontrollieren, überlasse ihm die Führung, gebe ihm die Chance, sich die Befriedigung zu holen, die er braucht. Mein Matty.
Er knurrt, greift fester in meine Haare, während er immer wieder und wieder in meinen Mund stößt, sich regelrecht in mir vergräbt. Ich relaxe meine Kehle, time meinen Atem, presse meinen Daumen in die linke Handfläche, um nicht so viel würgen zu müssen. Ich höre sein Stöhnen, sein Keuchen, seine Flüche. Höre, wie mein Name wie ein Gebet auf seinen Lippen liegt. Ich könnte ihn nicht mehr lieben.
Als er dann kommt, wird sein Griff weicher und er streichelt durch meine Haare. Er macht seine Hose zu, bevor er mir beim Aufstehen hilft und mich in die Arme schließt.
„Fuck, Babe. Ich liebe deine BJs.“
Ich küsse seinen Hals, streichel über seinen Rücken, schmiege mich an ihn. „Ich liebe dich, Matty.“
„Du machst mich so unfassbar glücklich.“
Ich schaue ihn an. „Ich würd dich gern öfter sehen.“
Er streicht sich über den kurzen Haarschopf. „Ich weiß. Ich verspreche, ich finde eine Lösung.“
„Vermisst du mich nicht?“
Sein Blick wird so weich, als er mein Gesicht umfasst. „Es ist Tag für Tag ein Kampf ohne dich.“
„Dann änder es.“
„Versprochen.“
Und der folgende Kuss gibt mir noch mehr süße Versprechungen. Viel mehr. Wenn ich heute Morgen noch gedacht habe, dass Will mein Untergang ist, weiß ich jetzt, dass sie es alle sind.
„Am Sonntag ist Familienessen.“
„Hab ich nicht vergessen.“
„Ich erwarte dich da oder ich blas ihn nie mehr.“
Er grinst. „Als könntest du darauf verzichten.“
Verdammt. Er kennt mich zu gut.
„Einen Versuch war es wert.“
„Natürlich komme ich. Schließlich hab ich Angst vor Rosalind.“
Ich lach auf. „Dabei ist sie die Süßeste von allen.“
„Ist sie. Frag sie mal, ob sie dir ihre Liebesgeschichte mit dem ersten William King erzählt. Vielleicht verstehst du dann, woher Wills Megalomanie herkommt.“ Er lacht.
„Aber wieso ist Robert dann so lieb?“
Matt zuckt mit den Schultern. „Überspringt vielleicht eine Generation.“ Er küsst mich wieder. „Ich muss wieder raus. Es bringt mich um.“
„Alles gut. Ich liebe dich.“
„Nicht so sehr wie ich dich.“
Hand in Hand gehen wir zurück zur Bar, bevor ich nach Will und Tom suche. Will steht auf, um mich auf die Bank rutschen zu lassen, sodass ich zwischen ihnen sitze.
„Sind Matts Eier noch blau?“
„Natürlich nicht. Ich bin eine gute Ehefrau.“
Will grinst. „Das bist du allerdings.“ Er greift nach meiner Hand und drückt mir einen Kuss auf die Handfläche. Ich streichel über seine Wange. Tonlos sagt er: „Ich liebe dich, Mistbiene.“ Ich lese es von seinen Lippen ab und ein wohliges Gefühl durchströmt mich. Gott, ich liebe ihn auch. Ich schmiege mich an seine Schulter. Ich kann das süße Lächeln nur erahnen, das sein Gesicht ziert. Er ist manchmal auch ein Softie. Aber das verraten wir besser keinem.
Am Sonntag klingel ich an der Tür zum Haus von Wills Eltern. Das traditionelle Familienessen wird reihum veranstaltet, aber irgendwie habe ich immer das Gefühl, als würde es in dieses Haus gehören. Vielleicht liegt es daran, dass ich hier das erste Mal an einem Essen teilgenommen habe oder weil Miranda mich von Anfang an am herzlichsten empfangen hat. Ich liebe alle meine Schwiegereltern, aber Miranda ist schon eine besondere Art von grandios. Ebenso wie Rosalind, die man einfach lieben muss. Sie hat, wie so viele ältere Menschen, jeden Filter verloren und quatscht, wie ihr der Schnabel gewachsen ist. Dabei ist sie niemals fies, aber immer witzig. Ihr erlaube ich auch als Einziger, von Tom zu schwärmen. Sonst bin ich da eigen.
„Da seid ihr ja“, ruft Miranda aus, bevor sie mich in die Arme zieht, was nicht so einfach ist, weil sie winzig ist. Wie diese Frau die drei großen King-Brüder geboren hat, will ich gar nicht wissen.
„Matt musste sich noch die Brusthaare entfernen, sonst wären wir pünktlich“, meint Will, als er seine Mutter umarmt. Als er sie loslässt, kracht Matts Faust gegen seinen Oberarm.
Will sieht seinen Kumpel fröhlich an, als hätte er gar nicht wirklich gespürt, dass Matt nicht gerade zimperlich war.
„Ist doch wahr. Hast du sie mit ’ner Pinzette entfernt oder warum hat das so lange gedauert?“
„Lass den Mann in Ruhe“, schilt Miranda, bevor sie Matt umarmt.
Neben meiner Liebe für Matt, Tom und Will ist es auch meine Liebe zu ihren Familien, die mich so unglaublich glücklich macht. War es einfach, alle davon zu überzeugen, dass wir es ernst miteinander meinen? Nein, aber wahre Liebe kann alles bestehen. Davon bin ich fest überzeugt und lasse mich davon auch nicht abbringen.
Die Begrüßungen sind laut, als wir ins Esszimmer treten. Sie sind alle da. Eltern, Geschwister, Partner und Kinder und natürlich Rosalind. Diese Frau. Wenn ich mal groß bin, möchte ich sein wie sie. Sie ist mein Vorbild.
Julia schließt mich in die Arme. „Wieso hast du die Spinner nicht zu Hause gelassen?“
„Ich hoffe, damit meinst du nicht mich, Schwesterherz“, kommt es von Tom.
„Natürlich dich.“ Aber sie küsst ihn grinsend auf die Wange. Sie haben ein sehr gutes Verhältnis, was perfekt ist, denn sie ist meine beste Freundin. Neben Sam. Und neben Linda. Und neben Marlene auch. Ach und Abby. Okay, vielleicht habe ich zu viele beste Freundinnen. Verklagt mich.
Als wir am Tisch sitzen, sehe ich mich um. Schaue in die lachenden Gesichter dieser großen Familie, deren Mitglieder zwar nicht alle durch Blut verbunden sind, aber durch Liebe und das ist so viel besser, als alles andere. Gene machen keine Beziehungen aus, oder zumindest nicht die wichtigen. Wenn man einander wählt, ist es bei weitem die festere Bindung, ob man nun verwandt ist oder nicht. Wie viele Familien haben keinen Kontakt, wie viele Geschwister hassen einander? Aber diese Menschen, diese besonderen Menschen haben vor fast zwei Jahrzehnten beschlossen, dass sie eine große Familie sind. Die Freundschaft von drei kleinen Jungs hat so viele Menschen zueinander gebracht und ich bin so unglaublich glücklich, dass ich ein Teil von ihnen bin. Mit keinem bin ich durch Blut verbunden, aber ich weiß, dass sie sich alle für mich ins Kreuzfeuer werfen würden, ganz im Gegensatz zu meinen Blutsverwandten. Und das macht Familie aus.
„Matty, du siehst kaputt aus“, sagt seine Mutter Nora, als er ihr einen Kuss auf die Wange drückt.
„Geht schon.“
„Arbeitest du zu viel?“
„Nein, gar nicht. Alles gut.“
„Thea?“, fragt sie mich.
Matt schüttelt zwar leicht den Kopf, aber ich halte nichts davon, Familie anzulügen. Vor allem deswegen nicht, weil sie es aus uns herauspressen würden. Sie sind da nicht zimperlich, wenn sie was wissen wollen.
„Viel zu viel“, antworte ich daher, wobei Matts Mundwinkel zuckt. Im Grunde liebt er es, dass ich ein so gutes Verhältnis zu seiner Mom habe. War ja nicht immer so.
Egal, wo ich hinsehe, was ich sehe, macht mich glücklich. Ben redet mit Rosalind. Es ist so wunderbar zu sehen, wie aufgeschlossen er ist. Als er angekommen ist, war er bedrückt und still, aber Julia und er haben sich gegenseitig gerettet. Abby unterhält sich mit Cindy und Julia und ihr Lachen lässt mein Herz flattern. Linda, die so ganz anders ist, als die schüchterne Frau, die ich letztes Jahr kennengelernt habe, scherzt mit Michael, Josh und Simon. Matt unterhält sich mit seinem Dad und mit Robert. Tom scherzt mit Ella und Nate. Marlene redet mit Will und Stuart. Und na ja, das alles macht mich so glücklich. So blendend glücklich. Ich liebe es, ein Teil dieser wahnsinnigen Wahnsinnsfamilie zu sein. Glück sollte vielleicht nicht an einer einzigen Person hängen, aber an so vielen hängt es ganz eindeutig. Sie haben mich zu einem besseren Menschen gemacht, haben mich zu der besten Version meiner selbst gemacht, die ich sein kann. Sie haben mir gezeigt, was Liebe ist. Und dafür werde ich ihnen immer dankbar sein.
Ich wende mich an Rosalind. „Ein Vögelchen hat mir gezwitschert, dass ich dich bitten soll, mir von deiner Liebesgeschichte zu erzählen.“
Rosalind bekommt einen versonnenen und nostalgischen Ausdruck im Gesicht. Große Freude und großes Leid liegen offenbar nah beieinander.
„Ich war neun, als ich William King zum ersten Mal gesehen habe. Dieses All-American-Boy-Lächeln … Nun ja, du siehst es ja an deinem Mann.“ Und dann erzählt sie die wunderbarste Geschichte, die ich je gehört habe. Und mir wird klar, das sind Beziehungsziele. Trotz aller Widrigkeiten einen Weg zu finden, zusammen zu sein. Mein Gott, was für eine Frau.
Die Geschichte von Rosalind und William King wird in Em Evol von Anne Steen erzählt.