Bonusszene Two Can Play
Peyton
Ich liebe es, durch die Lüfte zu fliegen, aber noch viel mehr liebe ich es, zu landen, und Lincoln in die Arme zu fallen. Dieses Mal allerdings gewinnt er.
Verdammt.
Wie konnte das passieren? Normalerweise hätte ich als erstes reinkommen müssen, aber dieser kleine Arsch schafft es immer wieder, mich zu nerven. Ich grinse, als ich aufsetze, und die Maschine zum Hangar rollen lasse.
Lincoln öffnet das Tor, damit ich hineinfahren kann.
»O Mann, wie konntest du so schnell fliegen?«, rufe ich, als ich aussteige.
Grinsend kommt er auf mich zu. »Manchmal brauch ich das für mein Ego.«
»Von wegen. Das ist groß genug.« Ich schlinge meine Arme um seinen Hals, drücke meine Lippen auf seine. »Hi.«
»Hi.« Seine Finger vergraben sich in meinen Haaren und er intensiviert den Kuss. »Ich hab dich vermisst.«
»Ich dich auch.«
»Obwohl du in Sitka warst?«
»Was hältst du von einem Wasserflugzeug?«, frage ich und grinse ihn an.
»Gar nichts. Das weißt du doch.«
Ich ziehe eine Schnute. »Aber ich glaub, das könnte eine lukrative Angelegenheit sein. Schließlich gibt es über dreitauend Flüsse und Millionen Seen in Alaska.«
Er drückt seine Lippen auf meine. »Trotzdem. Wie wollen wir es bei all der Arbeit schaffen, uns da noch weiterzubilden?«
»Ja, okay, das ist ein berechtigter Einwand.«
Er grinst. »So, so. Berechtigt ist er also.«
»Ganz eindeutig.«
Er greift nach meiner Hand, zieht sie an seine Lippen. »Weißt du, dass ich verdammt glücklich bin?«
Ich lege meine Finger an seine Wange. »Ich auch. So unglaublich glücklich.«
Und dann sind seine Lippen auf meinen. Er geht ein paar Schritte vorwärts, bis ich mit dem Rücken gegen das Flugzeug gepresst bin. »Ich liebe dich, Mrs. Campbell.«
Ich lache auf. »Noch ist es nicht so weit.«
»Es dauert viel zu lang.« Er löst sich von mir, sieht mich an, als hätte er die beste Idee aller Zeiten. »Lass uns nach Vegas fliegen.«
»Wie bitte?«
»Ich kann es nicht erwarten, dich endlich meine Frau zu nennen.«
Ich kneife die Augen zusammen. »Das kannst du nicht erwarten? Wow, du Neandertaler.«
Er lacht. »Okay, fein, erwischt. Ich liebe dich nur einfach so sehr.«
»Ich liebe dich auch.«
»Dann komm.«
»Sie werden uns alle hassen.«
Er zuckt mit den Schultern. »Aber wenigstens wären wir verheiratet.«
Ich kneife die Augen zusammen. »Wie lange dauert es bis Vegas? Fünf, sechs Stunden?«
»So um den Dreh. Und wir müssten noch nach Anchorage, also eher sieben bis acht.«
»Also heiraten wir heute ganz sicher nicht mehr.«
Er schnipst mit den Fingern. »Hab noch eine andere Idee.«
»Du und deine Ideen.«
»Du liebst sie.«
Er greift nach meiner Hand, zieht mich aus dem Hangar. »Bye, James!«, ruft er über die halbe Flugbahn, bevor er mich in den Truck scheucht.
»Was hast du vor?«
»Weißt du, wer uns trauen kann?«
»Ein Priester?«
»Der Bürgermeister.«
Ich starre ihn an. »Lincoln, der Bürgermeister ist eine Katze.«
»Und trotzdem hat er schon Menschen getraut.«
»Ich glaub dir kein Wort.«
»Doch, wirklich. Ich schwöre.«
»Aber ich hab gar kein Kleid. Keine Blumen. Wir haben auch keine Ringe«, gebe ich zu bedenken.
All das macht mir nichts aus, aber ich weiß, dass ihm seine Familie wichtig ist. Sie sollte dabei sein.
»Hm, okay. Also …«
Ich seufze. »Du besorgst die Ringe und die Blumen, und ich schau, dass ich ein Kleid finde.«
Er grinst mich an. »Also heiraten wir?«
»Wenn die Katze es hinbekommt.«
»Hab Vertrauen in Bürgermeister Stubbs.«
Ich will ihn nicht noch einmal daran erinnern, dass es sich um eine Katze handelt. Er wird schon wissen, was er tut. Ist meist so, auch wenn ich anfangs immer meine Zweifel habe.
»Dann setz ich dich zu Hause ab. Du hast eine Stunde.« Er biegt auf unsere Straße ab, hält vor unserem Haus.
»Aye, aye, Captain.« Ich drücke meine Lippen auf seine und steige aus.
Dann starre ich ihm hinterher. Wir tun es wirklich. Heiraten, meine ich. So ein verrückter Kerl!
Als mir bewusst wird, dass ich nicht viel Zeit habe, eile ich zur Haustür, schließe sie auf, ziehe dabei mein Handy aus der Tasche, suche nach Mavericks Nummer.
»Hey, was gibt’s?«, fragt er und klingt ein wenig gestresst.
»Lincoln und ich lassen uns von der Katze verheiraten. Er holt mich in einer Stunde ab.«
»Was? Ist das ein Scherz?«
»Du kennst doch deinen Bruder.«
»Fuck.«
Ich kann geradezu sehen, wie er sich durch die gestylten Haare fährt. Um diese Uhrzeit ist er noch in der Lodge, daher wird er perfekt zurecht gemacht sein. Ich habe kaum ein schlechtes Gewissen, weil ich seine Pläne durcheinander schmeiße. Die Campbells sind das gewöhnt.
»Ich dachte, ihr wollt dabei sein.«
»Wollen wir auch.«
»Na, dann. Ihr habt eine Stunde, um zum Bürgermeister zu kommen. Und bringt ihm ein paar Kaustangen mit. Hatte in der Gazette gelesen, dass er gern welche hätte. Nicht zu groß.«
»Diese Stadt treibt mich in den Wahnsinn«, murmelt er, bevor er sagt: »Ich sag allen Bescheid.«
»Perfekt.«
Und damit lege ich auf, eile ins Schlafzimmer, um mir ein Kleid rauszusuchen. Ein weißes habe ich nicht, das weiß ich, aber doch zumindest was Helles. Irgendwie scheint es mir so zu sein, dass man wenigstens was Helles tragen sollte.
Ich gehe alle meine Klamotten durch, aber finde nicht, was ich im Sinn hatte. Mist, das muss in der Wäsche sein. Verdammt.
Dann was anderes …
Es klopft laut an der Tür. Als würde jemand mit der Faust dagegen schlagen. Was soll das denn? Das ist doch absoluter Mist. Ich habe keine Zeit!
»Was?«, rufe ich, als ich die Tür aufreiße.
»Das willst du zu deiner Hochzeit tragen?«, fragt Autumn und sieht mich anklagend an.
»Ähm, ich hab mich noch nicht entschieden.« Ich will die Tür hinter ihr schließen.
»Lass sie auf, dann kann Jess reinkommen.« Sie schwenkt einen Kleiderhaken mit etwas Weißem dran.
»Was hast du da?«
»Dein Hochzeitskleid. Schu-schu«, scheucht sie mich ins Schlafzimmer.
»Du hast ein weißes Kleid?«
»Na klar, ich bin schließlich zivilisiert.« Sie grinst mich an.
»Das wage ich zu bezweifeln.«
»Hast du wenigstens weiße Unterwäsche?«
»Hab ich.«
»Worauf wartest du? Zieh sie an.«
Ich verdrehe zwar die Augen, aber ich bin Autumn ziemlich dankbar, dass sie aufgetaucht ist. Das bedeutet, dass Maverick die Truppen mobilisiert hat. Und das ist doch ziemlich lobenswert.
Ich ziehe die richtige Wäsche aus dem Schrank, ziehe meinen Pulli aus, merke, dass ich mich noch frisch machen sollte und eile ins Bad. Am liebsten würde ich duschen, aber das würde kostbare Zeit vergeuden. Daher wasche ich mich nur mit dem Lappen, bevor ich in BH und Höschen schlüpfe.
Zurück im Schlafzimmer sehe ich Autumn auf dem Bett loungen. »Heiß, Mädchen«, kommentiert sie und springt auf. »Zieh das Kleid an.«
Sie hilft mir hinein. Ich dachte, dass es mir unmöglich passen kann, weil Autumn eine Amazone ist, aber sie schlingt einen Gürtel um meine Taille und es sitzt perfekt.
»Wow«, sage ich leise.
»Du sieht wunderschön aus«, sagt sie, dann schaut sie aus dem Fenster. »Wo bleibt Jess denn?«
»Hier bin ich!«, ruft diese aus. »Am besten in der Küche.«
Neugierig folge ich ihr, setze mich auf den Stuhl, als sie mir das aufträgt. »Was wird das?«
»Du brauchst noch das passende Brautstyling.«
Ich löse den Pferdeschwanz, den ich eigentlich jeden Tag trage. Jess kämmt mir sorgfältig die Haare, bevor sie sie hochsteckt. Als ich mich im Spiegel betrachte, kommen mir fast die Tränen. Ich sehe tatsächlich wie eine echte Braut aus.
So hatte ich es mir damals vorgestellt. Nur war es Justin, der diese Träume inspiriert hat. Ich konnte ja nicht ahnen, dass Lincoln der perfekte Mann für mich sein würde. Ausgerechnet in Alaska, aber ich bin noch nie so glücklich gewesen wie hier in Whynot, mit Lincoln an meiner Seite.
»Wenn du weinen musst, dann jetzt. Gleich geht es nicht mehr«, meint Autumn.
»Wieso nicht?«
»Sonst verschmierst du dein Make-up.« Sie grinst mich an, als Jessica anfängt, meine Augen zu schminken.
Wie gut, dass ich Freundinnen habe, auch wenn meine besten nicht dabei sein können. Oh Mist. Jetzt könnte ich doch heulen.
Ich atme tief durch. Serena und Grace sind nicht dabei, aber dafür so viele andere Menschen, die mich mögen. Und wichtig ist doch nur, dass ich den richtigen Mann heirate. Alles andere ist egal.
Als ich mir das vorgesagt habe, werde ich wieder ruhiger. Ja, alles ist gut.
Autumn und Jess verstecken sich, damit Lincoln noch nicht weiß, dass ich seine ganze Familie eingeladen habe, als er sich auch kurz was anderes anzieht.
»Hast du die Blumen?«
»Ich hab sie aus Moms Garten gemopst, aber ich denke, sie wird mir vergeben.«
»Und Ringe?«
»Da musste ich improvisieren.«
»Aber du hast welche?«
Er zeigt mir zwei Schlüsselringe. »Natürlich.« Er streicht über meine Wange. »Du siehst wunderschön aus.«
Ich strahle ihn an und küsse ihn. »Du bist auch ganz passabel.«
Lachend greift er nach meiner Hand. »Dann komm, Traumfrau.«
Er hält mir die Wagentür auf, drückt noch einmal seine Lippen auf meine. Jess würde ihn steinigen, weil er meinen Lippenstift verschmiert, aber es ist okay. Schließlich wird er ihn später auch wegküssen.
»Und du bist dir sicher, dass der Bürgermeister uns trauen kann?«, frage ich noch einmal.
»Ziemlich.«
Aber irgendwie beschleicht mich der Verdacht, dass er keine Ahnung hat. Ich verdrehe die Augen, weil das wirklich so typisch Lincoln ist. Erst handeln, dann denken. Aber das sorgt dafür, dass unser Leben ein verdammtes Abenteuer ist, also kann ich ihm nicht böse sein.
Lincoln parkt vor dem Rathaus – eigentlich ist es nur das Wohnhaus von Herman, der Stubbs versorgt. Er kommt um den Wagen herum, öffnet mir die Tür.
»My lady.«
»Du kannst so höflich sein, wenn du willst.«
Grinsend verflicht er unsere Finger, reicht mir einen wunderschönen kleinen Strauß, bevor wir auf die Tür zutreten, und er klopft.
Es dauert eine Weile, bis sie geöffnet wird, und ein grimmig dreinblickender Mann fragt: »Was wollt ihr?«
»Wir möchten den Bürgermeister bitten, uns noch heute zu trauen«, verkündet Lincoln.
»Hm. Wartet hier. Ich frag nach.« Er schlurft den Flur entlang.
»Er fragt nach?«, murmele ich vor mich hin.
Lincoln grinst. »Du nimmst die Katzenbürgermeistersache nicht ernst. Aber sie ist es.«
Ich verdrehe die Augen. »Fein, wenn er uns legal traut, werde ich Fangirl Nummer eins.«
»So lange du mein Fangirl Nummer eins bist.«
»Immer.«
Herman kommt zurück und nickt. »Stubbs hat eine Schwäche für Romanzen, daher sagt er, dass es okay ist.«
»Hervorragend«, ruft Lincoln aus. »Dann los.«
Wir folgen Herman in das offizielle Dienstzimmer des Bürgermeisters, und die majestätische Maine-Coon-Katze sitzt bereits auf seinem Kissen auf dem Schreibtisch.
»Hallo, Stubbs«, sagt Lincoln und krault ihm den Kopf, was er sich gern gefallen lässt.
Es klopft erneut. »Einen Augenblick, bitte«, meint Herman.
Ich hebe das Bouquet an meine Nase, schnuppere, um mich nicht durch meinen Gesichtsausdruck zu verraten, schließlich denke ich, dass es die Campbells sind.
»Du bist so ein feiner Kerl«, murmelt Lincoln Stubbs zu.
»Bist du ein Katzentyp?«, frage ich.
Er zuckt mit den Schultern. »Ich mag eigentlich alle Tiere.«
»Gut zu wissen.«
Bevor er noch was sagen kann, stürmen die Campbells in voller Stärke das Dienstzimmer. Lincoln schaut sie perplex an, bevor sein Blick meinen findet.
»Du?«, fragt er leise, aber ich sehe das emotionale Schlucken. Er mag so tun, als wäre ihm seine Familie manchmal lästig, aber ich weiß es besser. Er liebt sie, und dass sie hier sind, so absolut spontan, bedeutet ihm sehr viel.
Er schlingt seinen Arm um meine Schultern, drückt einen Kuss auf meine Stirn. »Danke.«
Herman sagt: »Stubbs möchte beginnen.«
Lincoln greift nach meiner Hand, und gemeinsam stellen wir uns vor den Bürgermeister. Herman nimmt seinen Platz hinter ihm ein.
»Er sagt: Liebes Brautpaar, liebe Familien und Freunde …«
Und dann souffliert er für den pelzigen Stadtchef, bis wir endlich, endlich zu Mann und Frau erklärt werden … Nie zuvor habe ich schönere Worte gehört.
»Du darfst die Braut jetzt küssen«, erklärt Herman, pardon, ich meine Stubbs, feierlich.
Und das lässt sich Lincoln nicht zweimal sagen. Unter dem Jubel seiner Familie drückt er seine Lippen auf meine.
»Mrs. Campbell«, murmelt er, bevor er mir in die Augen schaut. »Ich liebe dich.«
Ich kann nicht antworten, weil ich viel zu emotional bin. Schließlich wird man nicht alle Tage von einer Katze verheiratet. Wie gut, dass Autumn ein paar Kaustangen dabei hat, damit wir uns anständig bedanken können.
Nie wieder werde ich den Katzenbürgermeister von Whynot anzweifeln …
Die Alaska-im-Herzen-Reihe findest du hier.