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Die Ranchhand kommt bald

Ich wage mal einen Blick in die Kristallkugel und behaupte, dass die Ranchhand noch im September erscheinen wird. Aber eher am 30. Ihr braucht also vorher noch nicht schauen. Sobald das Buch online ist, schicke ich auch eine Engelspost. Wenn ihr noch keine Engel seid, könnt ihr euch hier bewerben:

Annie’s Angels

Und ich dachte, dass ich euch mal den Klappentext und das erste Kapitel poste.

Küss die Ranchhand – Klappentext:

Weil ihre ehemalige beste Freundin Hilfe braucht, fährt Jade McDonald zur Carmichael Ranch in North Carolina, obwohl der Name Carmichael nichts Gutes verheißt. Als sie dreizehn war, hat sie ihr Herz an Parker Carmichael verloren, aber das kann nur ein Zufall sein. Nicht wahr? Bestimmt ist der Junge, der ihr Herz gebrochen hat, nicht der Mann, der ihr nun gegenübersteht. Der äußerst gutaussehende Mann, wie sie zu ihrem Leidwesen feststellen muss. Aber zweite Chancen bekommen nur Pferde bei Jade. Eigentlich …

Küss die Ranchhand – Kapitel 1 (unlektoriert):

Parker Carmichael. Parker Carmichael. Parker Carmichael.

Innerlich erzittere ich, äußerlich erlaube ich mir keine einzige Regung. Er soll nicht wissen, dass er mich nach all den Jahren immer noch berührt. Nicht positiv. Nein, niemals positiv.

»Jade?«, fragt er verblüfft, um ihn herum die Scherben des Tellers, der ihm bei meinem Anblick aus den Händen fiel.

Ich sehe die Verwirrung in seinem Blick. Er hat nicht damit gerechnet, dass wir uns jemals wiedersehen. Ich auch nicht. Und jetzt steht er mir gegenüber.

Ich hatte befürchtet, dass der Name Carmichael kein Zufall sein kann. Aber Kat hat mich gerufen. Ich konnte nicht nein sagen, auch wenn ich mir dachte, dass es sich um dieselben Carmichaels handelt. Kat McCarthy war mal meine beste Freundin. Aber ich hab alles kaputt gemacht. Seit Jahren versuche ich meine Sünden wiedergutzumachen, und als sie mir die Chance gab, musste ich einfach herkommen. Auch, wenn er hier ist …

»Ja, Jade«, sage ich in einem Tonfall, der ihm sagen soll, wie vollkommen egal er ist.

Ich bin wegen Kat hier und aus sonst keinem anderen Grund. Parker ist nur eine kleine Unannehmlichkeit. Mehr nicht. Ich blicke mich um. Kat erwidert kaum meinen Blick, was ich ihr nicht verübeln kann. Die anderen sind neugierig bis aufgeregt. Die ältere Frau ist auf jeden Fall letzteres und sie hat mich erkannt. Es hat mich ein wenig verwundert, weil ich zwar einen guten Ruf in Pferdekreisen habe, aber ja bei weitem kein Superstar bin. Auch, wenn es mir schmeichelt. Das muss ich zugeben.

Als sie mich auf der Veranda zum Abendessen eingeladen hat, habe ich mich auch gefreut, weil ich wirklich Hunger habe. Ich bin die fünf Stunden von Athens durchgefahren, weil ich nunmal springe, wenn Kat ruft.

»Parker, räum die Scherben auf«, weist die ältere Frau – ich nehme an, dass sie Mrs. Carmichael ist – an. Ich blicke auf den Boden, auf dem noch die Reste des Tellers liegen.

Sie wendet sich an mich. »Setzen Sie sich doch. Wir freuen uns, Sie bei uns zu haben.«

»Vielen Dank.« Ich hoffe, meine Stimme klingt freundlicher, als ich mich fühle.

Ich suche Kats Blick, aber sie hält ihren gesenkt. Sie hat jedes Recht, sauer auf mich zu sein, aber sie hat mich doch gerufen, verdammt! Ich habe ihren Wunsch respektiert, keinen Kontakt zu haben. Mehr oder weniger. Eher weniger. Aber nach der Beerdigung von Kats Bruder Jack habe ich es verstanden. Es besteht keine Chance mehr. Und doch … Doch stirbt die Hoffnung zuletzt. Jetzt bin ich hier. Hier, weil sie mich gerufen hat. Hier, weil ich lächerlich und pathetisch bin. Weil ich mich mit Brotkrumen zufrieden gebe, weil ich ihr so viel Macht über mich gebe.

»Was führt Sie hierher?«, fragt sie. »Oh, wie unhöflich! Ich bin so aufgeregt, Sie zu treffen, dass ich vollkommen vergessen habe, mich vorzustellen. Mein Name ist Hester Carmichael.«

»Freut mich sehr«, gebe ich zurück.

»Ich habe das Gefühl, dass Sie meinen jüngsten Sohn Parker bereits kennen, aber das hier sind Ryder und Scott. Lynn ist Scotts Frau und Ada ist unser aller Liebling. Und ich schätze Ryders Freundin Kat kennen Sie bereits.«

»In der Tat.«

»Wie kennen Sie sich, wenn ich fragen darf?«

Darf sie eigentlich nicht, aber trotzdem sage ich: »Wir sind entfernt verwandt.«

»Das hat Kat nie erwähnt«, gibt sie mit einem Seitenblick auf diese zurück. Kat zuckt nur mit den Schultern.

»Und woher kennen Sie Parker?«

Sie ist niemand von der neugierigen Sorte. Ganz und gar nicht.

»Mom …«, sagt dieser und klingt dabei gequält, aber vielleicht interpretiere ich das hinein, weil … ich weiß es ehrlich gesagt gar nicht.

»Nein, nein, alles gut«, sage ich und beuge mich ein wenig vor, als würde ich ein Geheimnis erzählen. »Wir waren zusammen im Ferienlager.«

Ryder – ich glaube, dass es Ryder ist – wirft ein: »So beginnen doch alle guten Geschichten.« Er zwinkert mir zu.

Parker zieht eine Grimasse. Ich weiß nicht, was es damit auf sich hat. Ist das Reue oder Triumph? Ich würde meine Hand für letzteres ins Feuer legen, denn Parker Carmichael ist der größte Arsch, den ich je kennengelernt habe.

»Aus welchem Lager?«, fragt Mrs. Carmichael.

»Camp Chombawomba.«

»Chombawomba?«, fragt Scott. Ich denke, dass es Scott ist. Seine Mundwinkel sind nur drei Millimeter davon entfernt, in schallendes Lachen auszubrechen.

»Ich kann mich nicht erinnern, dass Parker in so einem Camp war«, sagt Mrs. Carmichael verwirrt.

Parker reibt sich über das Gesicht. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, dass er verlegen ist. Aber das kann nicht sein.

»War er auch nicht«, sage ich.

Ich bin mir nicht sicher, was ich vorhabe und vor allem auch nicht, ob ich noch alle Tassen im Schrank habe. Habe ich tatsächlich vor, das schlimmste Erlebnis meines Lebens vor fremden Menschen zu erzählen?

»Ich bin verwirrt«, sagt sie und sieht auch genauso aus.

»Ich war in Camp Chombawomba. Parker war in dem Camp auf der anderen Seite des Sees. Wie hieß es noch?«, frage ich ihn. »Lake irgendwas mit M?«

»Lake Mohawk«, sagt er leise.

»Ah ja, da war er sechzehn«, sagt seine Mutter. »Ich hatte ihn dahin geschickt, weil er das ganze Schuljahr nur Flausen im Kopf hatte.«

Nicht nur das Schuljahr, auch in den Ferien, würde ich gerne sagen, aber ich beschließe den Mund zu halten. Ich habe lange gebraucht, diese Zeit hinter mir zu lassen. Ich werde nicht zulassen, dass ich sie noch einmal durchleben muss. Auch, wenn der Anblick von Parker Carmichael alles triggert, was es zu triggern gibt.

Aber ich schiebe die Erinnerungen weg. Weit weg. Stattdessen wende ich mich an Kat. »Wieso bin ich hier?«

Auch jetzt sieht sie mich nicht an, aber wenigstens sagt sie: »Wegen Jelly Belly.«

Sie sagt es, als müsste ich es wissen. Aber ich verstehe es nicht. Wer ist Jelly Belly? Natürlich ist mir bewusst, dass es sich um ein Pferd handelt. Sonst hätte sie mich nicht geholt, aber wieso sollte es mir was sagen?

»Wer ist das?«

Ich sehe Tränen unter ihren Wimpern hervortreten. Ich beiße mir auf die Lippe, weil es mir wehtut, sie leiden zu sehen. Aber ich weiß nicht, was ich getan habe, um es zu verursachen.

Ryder legt ihr den Arm um die Schultern. Sie lehnt sich an ihn, macht aber keine Anstalten, meine Frage zu beantworten. Stattdessen antwortet er. »Das ist das Pferd, das Jack abgeworfen hat.«

Und dann weiß ich es. Ich schließe die Augen, als all die Bilder in mir auftauchen. Ich habe es nicht live gesehen, aber wie jeder andere Pferdemensch kenne ich die Videos und die Fotos und die Kommentare. Jelly Belly ist das Rodeopferd, das Kats Bruder abgeworfen hat, ihn zerquetscht und zermahlen hat, bis nur noch sein toter Körper im Staub der Arena gelegen hatte.

»Oh«, ist alles, was mir einfällt. Und dann: »Was ist mit ihm?«

Ryder antwortet erneut für sie: »Er ist hier.«

»Hier? Wie in hier? Hier auf dieser Farm?«, frage ich.

Wie kann Kat damit leben? Wie kann sie ertragen, dass er hier ist? Ich weiß, dass sie ihm nicht die Schuld gibt. Kat kennt den Rodeozirkus, hat sich dafür entschieden, weiß um all die Grausamkeiten, die Pferden angetan werden, um zu performen. Sie kann ihm nicht die Schuld geben. Niemals.

»Ja, hier. Wir haben ihn hergeholt«, gibt Ryder zu.

Kat sieht mich zum ersten Mal an. Ihre Augen sind feucht, aber der Blick ist klar. »Er leidet. Du musst ihm helfen.«

In Liebesfilmen sind solche Blicke für den Held und die Heldin reserviert. Solche Blicke bringen das gegenüber dazu, alles zu tun. Und auch, wenn keine Hitze in ihrem lag, weiß ich, dass ich alles tun werde, was ich kann. Alles.

»Ich kann nichts versprechen. Ich muss ihn sehen.«

»Lassen Sie uns erst essen«, mischt sich Mrs. Carmichael wieder ein.

Ich schüttele den Kopf. »Ich möchte Kat keine falschen Hoffnungen machen. Ich würde ihn gerne sofort sehen.«

Ich stehe auf, um meine Worte zu unterstreichen.

»Ich mach das«, sagt Scott, als Ryder aufstehen will. »Komm«, sagt er lächelnd zu mir.

Ich folge ihm aus dem Haus. Als wir draußen sind, atme ich tief durch.

Scott schenkt mir einen amüsierten Blick. »Also bin ich nicht der einzige, der dachte, man könnte die Luft da drinnen schneiden?«

»Ganz und gar nicht«, sage ich und marschiere mit ihm über den Hof.

Schon bevor wir durch das Tor in den Stall gehen, höre ich die eindeutigen Geräusche eines ruhelosen Pferdes. Unruhiges Schnauben, aufgeregtes Hufklappern, Schaben, durchsetzt von Wiehern.

Scott schiebt das Tor auf und macht das Licht an. Als es aufleuchtet sehe ich, dass Jelly Belly das einzige Pferd hier ist.

»Habt ihr keine anderen Pferde hier?«

»Sie stehen draußen oder sind auf unseren Hof umgezogen. Er hat sie alle verrückt gemacht.«

»Hm.«

»Was?«, fragt er ein wenig barsch.

Ich zucke mit den Schultern. »Pferde sind Herdentiere. Vielleicht hat sich sein Zustand verschlimmert, weil er hier alleine drin ist.«

»Glaub mir, da konnte sich nichts verschlechtern. Es war von Anfang an gleich schlecht.«

Ich trete an seine Box. Er weicht ein paar Schritte zurück, um dann plötzlich nach vorne zu springen, nach den Gitterstäben zu schnappen. Ich bleibe ruhig stehen, zeige ihm, dass er mich nicht ins Bockshorn jagen kann. Das Weiße in seinen Augen ist zu sehen. Sein Blick ist wild, aber eigentlich haben solche Pferde Angst. Sie sind nicht bösartig, nicht eigentlich. Sie haben Angst. Große Angst.

Ich verstehe das. Was manche Rodeopferde durchmachen, ist furchtbar. Sie werden halb wild gehalten, haben so wenig Kontakt zu Menschen wie möglich. Und dann werden sie in Fahrzeuge gesperrt, durchs halbe Land transportiert, nur um dann in einer Arena voller schreiender Menschen zum ersten Mal in ihrem Leben geritten zu werden. Und das alleine dann, wenn sie von einem halbwegs anständigen Menschen aufgezogen werden. Man kann argumentieren, ob es im Rodeo anständige Menschen gibt, aber es gibt Kat, daher weiß ich, dass es möglich ist.

Wenn Jelly Belly aber an jemanden geraten ist, der keine hehren Motive hat, dann …

Ich möchte mir die Qualen nicht vorstellen.

Und für ihn muss der Unfall mit Jack auch schlimm gewesen sein. Er hatte sowieso schon Angst und dann war da noch dieser Reiter, den er nicht abschütteln konnte, der sich an ihn geklammert hat. Ich habe die Videos gesehen, habe die Furcht in seinen Augen gesehen, habe gesehen, dass es ihm auch wehtat. Seelisch und körperlich.

»Vorsicht«, sagt Scott hinter mir, als das Pferd erneut schnappt. Aber er kann mich nicht erwischen. Die Gitterstäbe halten ihn davon ab.

»Habt ihr Zaunteile?«

»Klar, aber wofür?«

»Ich will ihn da raus holen.«

»Raus holen?«, fragt er ungläubig. »Er ist vollkommen durchgedreht.«

Ich nicke. »Das ist er. Ja. Aber ich würde auch durchdrehen, wenn man mich in eine kleine Box sperrt.«

»Hör mal …«

Ich schüttele den Kopf. »Bei allem nötigen Respekt. Kat hat mich hierher geholt, weil sie weiß, dass ich es schaffen kann. Das bedeutet, dass ich das Kommando habe.«

»Es ist mir egal, was Kat will. Während ich hier bin, erlaube ich keine unbesonnenen Manöver!«

»Unbesonnen?«, frage ich und spüre, dass ich die Ruhe verliere. Es ist nicht das erste Mal, dass mir ein Mann sagen will, wie ich etwas zu tun habe. »Meine Methoden wirken. Sie mögen dir nicht gefallen, aber ich weiß, was ich tue.«

»Ach ja?«, fragt er, klingt aber nicht, als sei er überzeugt.

»Ja«, sage ich so fest, wie ich kann.

Er starrt mich an, versucht mir seinen Willen aufzuzwingen, aber da ist er an die Falsche geraten. Das funktioniert bei mir nicht.

Schließlich bricht er fluchend unseren Starr-Wettbewerb. »Fein, dann machen wir es eben auf deine Art.«

»Gut.«

Ich gehe die Sattelgasse entlang, trete aus dem Stall und blicke mich im Halbdunkel um. Ich sehe den Paddock, dessen Gatter nur ein paar Schritte entfernt ist.

»Wir stellen ihn auf den Paddock«, rufe ich Scott zu.

Es kommt nur Gegrummel zurück.

Ich lächele leicht vor mich hin. Die erste Schlacht habe ich gewonnen, aber ich mache mir keine Illusionen, dass das schon alles war.

Zurück im Stall helfe ich Scott mit den Zaunteilen, sodass wir einen Gang von der Box bis in den Paddock bilden. Ich hoffe, dass das alles funktioniert. Aber es wird ihm überall besser gehen, als alleine in dieser Box.

»Geh ins Haus und hol Ryder und Parker«, weist er mich an, als ich das erste Teil anheben will.

»Ich kann das.«

»Klar, Bosslady«, sagt er. Es ist abschätzig. Oder bilde ich mir das ein? Ist er der Typ grummeliger Cowboy mit goldenem Herzen?

»Los jetzt.«

Statt mir zu helfen, marschiert er davon. Wenn ich was nicht leiden kann, dann sind es Männer, die eine Frau unterschätzen. Während er also was auch immer macht, versuche ich an den Dingern zu zerren, was aber nicht sonderlich fruchtbar ist. Als ich eines ein Stück gezogen habe, kippt es um. Na, toll.

»Ich hab dir gesagt, dass du das nicht kannst«, meint Scott hinter mir.

Ich mag mich nicht umdrehen, weil ich mehrere Schritte gehört habe, und daher annehmen muss, dass Parker hinter mir steht, und meine Schmach mit angesehen hat.

»Ich helfe dir«, sagt er dann auch noch genau neben mir.

Mit geradezu spielerischer Leichtigkeit hebt er das Teil hoch, bevor er mir einen aufmunternden Blick zuwirft, dass ich die andere Seite anheben soll. Ich will nicht glauben, dass Parker gute Seiten hat, aber ich bin froh, dass er mich nicht so von oben herab behandelt wie es Scott tut. Okay, vielleicht liegt das auch an meinem Aufzug.

Ich trage hautenge Jeans, Stiefel, deren Absätze auch als Waffen verwendet werden könnten und eine Bluse, die vielleicht ein kleinwenig zu viel von meinen … nennen wir es lieber Kurven statt Speckröllchen … zeigt. Aber ich rocke das Outfit. Und wenn ich Parkers Blicke richtig deute, dann sieht er es eben so. Aber wann habe ich jemals irgendetwas richtig gedeutet, was mit ihm in Zusammenhang stand?

Zu viert sind wir schnell fertig.

»Und was nun, Bosslady?«, fragt Scott spöttisch.

»Jetzt geht ihr aus dem Weg und lasst mich machen.«

Er will noch etwas sagen, aber ich starre ihn nieder. Scott zuckt mit den Schultern und klettert mit seinen Brüdern durch die Zaunteile.

»Bosslady?«, höre ich Ryder spöttisch fragen.

»Sie glaubt es zumindest.«

Wieso glauben Männer – und vor allem Männer, die beinahe schon lachhaft groß sind – immer, dass sie das Sagen haben müssten? Ich mag zwanzig Zentimeter kleiner sein, aber wenn es um misshandelte Pferde geht, macht mir niemand was vor.

Ich öffne das Tor des Paddocks. Ich hoffe, ich kann schnell genug rennen, um es zu schließen, wenn Jelly Belly drin ist. Ich könnte einen von ihnen fragen, aber nach Scotts Sprüchen kann ich es nicht.

Am Anfang eines Auftrags gibt es immer jemanden, der mich für ungeeignet hält, der mich für überbewertet hält, der glaubt, dass ein hübsches Mädchen nicht für einen solchen Job geeignet ist. Normalerweise endet es damit, dass ich ihre Zweifel in den Staub werfe und so lange auf ihnen rum trampele, bis sie Oden in meinem Namen singen wollen. Ich hoffe, dass es hier auch so ist.

Sie haben ein Recht auf Skepsis, vor allem, weil ich aussehe wie Malibu Barbie plus ein paar Kilo mehr. Na gut, diverse Kilo mehr.

Ich ziehe meine Stiefel aus. Die Idee, in Socken über den Gang zu rennen, in dem ständig Pferdeexkremente zu finden sind, behagt mir nicht, aber mit den hohen Hacken breche ich mir noch die Beine.

Ich nehme ein Seil, bevor ich mich der Box langsam nähere. Mein Herz klopft, durch meinen Kopf jagen Gedanken, was alles schief gehen kann. Ich schüttele den Kopf, verbiete mir darüber nachzudenken, dass ich vielleicht gleich Wurmfutter bin.

»Okay, Jelly Belly. Du und ich. Okay? Du und ich. Niemand sonst. Wir beide rocken das? Nicht wahr?«

Er prustet, fletscht die Zähne, tritt gegen die Box, versucht mich zu beißen. Als ich die Hand hebe, um die Box zu öffnen, schnappt er nach mir. Wie gut, dass das Gitter zwischen uns ist.

Ich atme tief durch, zähle langsam bis drei, bevor ich die Tür öffne und sie dann so weit nach hinten ziehe, dass ich in dem Dreieck zwischen Tür, Boxenwand und Zaunteil stehe, sicher vor ihm.

Wie ein geölter Blitz springt er aus der Box, rutscht auf dem Zementboden aus, kann sich noch fangen, bevor er losrennt. Und ich renne hinterher. Ich hoffe, dass er nicht umdreht, denn dann habe ich ein wirkliches Problem. Aber Pferde sind Fluchttiere, sie greifen nicht an, wenn sie die Chance haben auf Freiheit. Darauf baue ich einfach. Und auf meinen Instinkt, der mir sagt, dass er nicht bösartig ist, sondern vollkommen verängstigt.

Als ich am Gatter ankomme, tobt er bereits über den Paddock. Er steigt und buckelt und schlägt aus. Ich schließe das Gatter, während er einen Fullstop vor dem Zaun an der anderen Seite macht. Ich lehne meine Arme auf den Balken und schaue ihm zu, soweit es in der Dunkelheit möglich ist. Die Stalllampe taucht das alles in so einen gelben Schein, der die Szenerie mysteriös wirken lässt.

»Und was nun?«, fragt Scott, aber aus seiner Stimme ist der Spott verschwunden.

Gut, dass ich alles alleine gemacht habe.

»Jetzt lassen wir ihn sich austoben. Hat er genug Wasser hier?«

»Wir haben eine elektrische Tränke.«

»Wo?«

Er zeigt auf die Stelle. Ich gehe hin, probiere die Druckzunge, checke, ob sie funktioniert.

»Gibt es auch noch eine andere Tränke, falls er damit nichts anfangen kann?«

»Ich kann sie füllen.«

Ich höre, dass Ryder und Parker den Zaun wieder abbauen. »Ich kann das auch machen.«

»Ich weiß, aber ich mach das eben.« Und zum ersten Mal schenkt er mir ein Lächeln.

Wieso sehen alle Carmichaels gut aus? Was tun sie hier ins Wasser?

Ich lasse es ihn tun, während ich meine Stiefel wieder anziehe. Ohne Socken, denn das kann ich meinen Babys beim besten Willen nicht antun.

»Lass uns was essen«, ruft mir Ryder zu, als ich aus dem Stall komme.

Ich nicke. Essen hört sich super an.

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