#likeawriter – Negative Rezensionen
Wenn man etwas neu anfängt, fragt man sich häufig, wie man mit negativer Kritik umgehen soll. Das ist auch die Frage, die neue Autor*innen am meisten stellen. Wie gehst du mit 1-Sterne-Rezensionen um?
Meine Antwort darauf ist: Gar nicht.
Das mag viele verwirren, weil doch immer so auf konstruktive Kritik gesetzt wird, aus der man ja was lernen könnte, mit der man sich auseinandersetzen könnte, etc.
Ich war eigentlich immer schüchtern, Referate in Schule und Uni waren für mich der Horror, und wenn dann auch noch der Lehrer/Dozent etwas Negatives gesagt hat, wäre ich am liebsten im Boden versunken. Als ich Ende März 2014 She flies with her own wings veröffentlicht habe, habe ich nicht damit gerechnet, dass irgendjemand es kaufen würde, aber dann kamen sie doch. Und je mehr Käufer ein Buch hat, desto wahrscheinlicher wird es, dass es auch Menschen lesen, die es nicht mögen.
Dass ich Angst vor schlechten Rezensionen hatte, ist untertrieben. Ich war davon überzeugt, dass mich jede schlechte Rezension umbringen würde. Etwas, woran ich gar nicht gedacht hatte, als ich das Buch veröffentlicht habe.
Und dann kam sie.
Als ich morgens auf die Amazon-Buchseite kam, sah ich sie. Die erste 1-Sterne-Rezension meines Lebens. Ich las sie mit klopfendem Herzen, schwitzigen Fingern und einer Vorahnung von heraufziehendem Verderben. Und dann fühlte ich gar nichts.
Ich las ihre Meinung, erkannte sie an und machte weiter.
Es hat mich nicht zerstört, es hat mir keine schlaflosen Nächte bereitet, es hat mich nicht an mir zweifeln lassen (zumindest nicht mehr, als ich es sowieso schon tue).
Ich war von mir selbst überrascht, weil ich nicht damit gerechnet habe, dass es mir so leicht fallen würde. Und wieso war es leicht? Weil ich eines wusste: Nicht jeder mag jedes Buch.
Bevor ich mit dem Veröffentlichen von Büchern angefangen habe, war ich Leserin. Ich habe viel gelesen, schon als Kind. Die Stadtbücherei hatte kein Jugendbuch, das ich nicht gelesen hatte. Manche Bücher mochte ich (die meisten) und ein paar nicht (die wenigsten). Manchmal mochte ich zehn Bücher von einer Autorin und dann eines nicht. Und das ist okay! Wie langweilig wäre es, wenn wir alle den gleichen Geschmack hätten?
Und weil ich meinen eigenen Geschmack habe, gestehe ich diesen auch jedem anderen zu. Auch, wenn es um meine Bücher geht. Natürlich wünsche ich mir, dass jeder mein Buch liebt. Aber das wird nicht passieren, also reicht es mir, dass die meisten es lieben.
Daher mein Tipp: Lest keine Rezensionen.
Rezensionen sind für Leser*innen, nicht für Autor*innen. Sie sollen potentiellen Käufer*innen die Wahl erleichtern. Sie sollen nicht unser Ego streicheln. Wir alle lesen Rezensionen, weil wir hoffen, dass uns die positiven Rezensionen ein gutes Gefühl vermitteln. Und natürlich ist es ein gutes Gefühl, wenn wir gefeiert werden. Aber ist das wirklich der Grund, warum wir schreiben? Oder ist es, weil es unserer Seele guttut? Weil es diesen Drang gibt, zu schreiben, der so übermächtig ist, das wir ihm nachgeben müssen?
Daher lest keine Rezensionen. Sie bringen euch nichts.
Aber die konstruktive Kritik …
Konstruktive Kritik ist wichtig. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Input von anderen, von der Lektor*in, von den Beta-Leser*innen, von Kolleg*innen und Freund*innen, ist unglaublich wichtig. Nehmt sie an. Alle Verbesserungen, die ihr vor der Veröffentlichung einarbeiten könnt, sind Gold wert, daher sucht euch Leute, denen ihr vertraut, deren Urteil ihr vertraut, und prüft euer Buch auf Herz und Nieren.
Aber, wenn ihr es erst einmal veröffentlicht habt, nützt euch konstruktive Kritik nichts mehr. Dann ist das Buch draußen, mit allen Schwächen und allen Stärken, die es hat. Natürlich kann man im Nachhinein noch mal Rechtschreibfehler etc. korrigieren, aber wenn dir 90 % der Leser*innen ein positives Feedback geben, solltest du dann die Geschichte ändern für die zehn Prozent, die es nicht mögen?
Und die konstruktive Kritik nützt dir auch nichts für dein neues Projekt. Weil das neue Projekt doch ganz anders als das alte ist. Weil wir uns alle weiterentwickeln, weil wir Dinge dazulernen. Aber diese Dinge lernen wir nicht, weil wir negative Rezensionen lesen, sondern, weil wir uns weiterbilden, weil wir andere Bücher lesen, weil wir Kurse besuchen, weil wir viel zu lange auf allen Social Media Kanälen rumturnen, um nach Informationen zu suchen, uns ganze Nächte um die Ohren schlagen, um über Charakterentwicklung und Plot Twists zu lernen.
Das ist der Grund, warum wir besser werden.
Rezensionen sind wichtig, die ganze Arbeit, die Blogger*innen und Leser*innen sich geben, um ihre Meinung zu verfassen, ist großartig. Aber Rezensionen sind für Leser*innen. Um ihnen eine Hilfestellung zum Kauf zu geben. Ihr bekommt auch so mit, ob das Buch ankommt oder nicht.
Und natürlich halte ich mich auch nicht immer an meinen eigenen Tipp, aber ich weiß, dass mich eine schlechte Rezension nicht zerstören wird, dass ich die andere Meinung anerkenne und mein Leben weiterlebe.