Mini-Cliffhanger für süchtigmachende Bücher
»Nur noch ein Kapitel!« Haben wir das nicht alle schon gesagt, als wir in einem besonders tollen Buch versunken sind? Und wollen wir das als Autor*innen nicht erreichen? Dass unsere Leser*innen unsere Bücher einfach nicht aus der Hand legen können? Das Geheimnis: Mini-Cliffhanger.
Wir kennen alle diese offenen Enden in Serien, ob im Fernsehen oder im Buch. Die Zuschauer*innen und Leser*innen sollen animiert werden, auch beim nächsten Mal wieder einzuschalten oder wahlweise das nächste Buch der Reihe zu lesen. Was auf der Mattscheibe gang und gäbe ist, scheint Leser*innen zunehmend zu verärgern. Wie oft wird gesagt, dass sie erst warten, bis die komplette Reihe erschienen ist, bevor sie anfangen. Aber sie wissen nicht, dass sie Opfer von Mini-Cliffhanger im Roman geworden sind. Wenn wir es richtig machen.
Was ist ein Mini-Cliffhanger?
Genau diese offenen Enden, die man oftmals am Schluss eines Buchs findet, kann man sich auch im Roman zunutze machen. Nämlich an den Enden von Kapiteln (auch von einzelnen Szenen, wobei das natürlich viel mehr Arbeit macht). Um ein süchtigmachendes Buch zu haben, das die Leser*innen nicht aus der Hand lesen können, lohnt es sich, die Kapitel so zu planen, dass ihre Enden offen sind.
Entweder, weil man die Szene im nächsten Kapitel weiterführt, oder weil man eine Information ankündigt, die Leser*innen dazu bringen, auf jeden Fall noch die Seite umzublättern, weil sie wissen wollen, was passiert. Das kann man unterschiedlich aufbauen, sollte man sogar, damit es nicht langweilig wird, weil man Schema F folgt.
Hier ist ein Beispiel aus meinem neuen Roman:
»Ich hatte Angst«, gebe ich zu. Es muss der Whisky sein, der aus mir spricht, denn ich wollte das auf keinen Fall sagen.
»Wovor?«
Ich seufze, trinke mir noch ein bisschen flüssige Courage an. »Davor, dass sie mir verzeihen könnte.«
»Stattdessen hast du beschlossen, was du für das Beste für sie gehalten hast.«
»Genau. Weil … wenn sie mir das verziehen hätte, dann …« Ich breche ab, bin mir nicht sicher, ob ich es aussprechen soll, aber dann zucke ich mit den Schultern. Jetzt habe ich eh schon mehr gesagt, als ich wollte. »Wenn sie mir das verziehen hätte, hätte ich jeden Respekt vor ihr verloren.«
Isla sieht mich nachdenklich an. »Also hast du sie im Grunde nur schützen wollen?«
»Irgendwie schon. Ich wollte sie schützen. Vor mir. Vor dem Monster in mir.«
Hier fragt sich die Leser*in, warum ist er ein Monster? Was sorgt dafür, dass er sich so fühlt? Sie wird umblättern, um mehr zu erfahren. Es ist eine kleine Info, die am Ende des Kapitels eingestreut, dafür sorgen wird, dass man einfach weiterlesen muss.
Noch ein Beispiel:
Ich zucke mit den Schultern. »Ich schätze, das hab ich mir dann auch nur eingebildet. Es hat sich nicht wahr angehört.«
»Vielleicht wolltest du glauben, dass er wegen dir da war.«
»Kann sein.«
»Ich glaub wirklich nicht, dass es eine gute Idee ist.«
»Ich weiß.« Ich drücke Cats Hand. »Er wird ja auch bald zurück in London sein. Wie oft kann man sich zufällig über den Weg laufen?«
Dies ist das Ende eines Perspektivwechsels mit Mini-Cliffhanger. Auch hier fragt sich die Leser*in, wie es weitergeht. Wird sich Ailsas Prophezeiung erfüllen?
Wie du siehst, muss man gar nicht viel machen, um Interesse an der nächsten Seite, am nächsten Kapitel zu erzeugen. Aber es lohnt sich, sich darüber Gedanken zu machen, damit auch deine Leser*innen sagen: »Nur noch ein Kapitel!«
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